CO₂-Preiserhöhung spürbar

IHK und Handwerkskammer: „Herausforderung für Betriebe“

Kassel – Seit 1. Januar müssen Verbraucher und Unternehmen tiefer in die Tasche greifen, wenn es um Benzin, Heizöl und Gas geht. Grund ist die Erhöhung des CO₂-Preises von 45 auf 55 Euro pro ausgestoßener Tonne. Die Maßnahme soll Anreize schaffen, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen zu reduzieren und umweltfreundlichere Alternativen zu fördern. Die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg sowie Unternehmen berichten von den Herausforderungen, die durch die gestiegenen Energiekosten auf sie zukommen. Guido Bünstorf, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Kassel, hält die Kritik der Unternehmen dagegen für nicht gerechtfertigt.

Die IHK befürchtet, dass sich die höhere CO₂-Bepreisung negativ auf die regionale Wirtschaft auswirken wird. „Diese wird durch die höheren Kosten mehr belastet und die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich verringert“, sagt Tobias Heidrich, IHK-Teamleiter für Energie, Umwelt und Industrie. Branchen mit hohem Energieverbrauch, wie beispielsweise Pharmaindustrie oder Gießereien, die vor allem Wärme im Hoch-Temperaturbereich benötigen, aber auch Logistik-Unternehmen müssen Mehrkosten für Brennstoffe kompensieren, die nur schwer an die Kunden weitergegeben werden können.

Die Handwerkskammer geht ebenfalls davon aus, dass die gestiegenen CO₂-Kosten zu sinkenden Erträgen führen werden. „Vor dem Hintergrund, dass die Unternehmen in Deutschland bereits mit vergleichsweise hohen Steuer und Abgabelasten fertig werden müssen, kann eine weitere Kostensteigerung im Bereich Energie zur existenziellen Herausforderung werden“, sagt Sprecherin Barbara Scholz. Dennoch sei die CO₂-Bepreisung eine notwendige Maßnahme. „Klimaschutz und Energiewende sind ohne Handwerksbetriebe nicht machbar, insofern leisten sie einen bedeutenden Beitrag zu ihrem Gelingen.“

Steigen die Belastungen aber so weit, dass den Betrieben die Mittel für Investitionen fehlen, sei dem Klimawandel nicht weiter geholfen. Besonders betroffen seien energieintensive Handwerke, zu denen Bäcker, Fleischer, Gießereien, Textilreinigungen, metallverarbeitende Betriebe, Friseure und Kfz-Betriebe gehören. Die Kasseler Spedition Jung beispielsweise hat ebenfalls mit den erhöhten CO₂-Preisen zu kämpfen. „Die gestiegenen Preise für Kraftstoffe wie Diesel und Benzin werden sich negativ auf unser Geschäftsmodell auswirken“, teilt die Spedition auf Anfrage mit. Aktuell gebe es keine Möglichkeit, den gestiegenen CO₂-Preis zu kompensieren. „Auch das Weitergeben der Mehrkosten an den Kunden ist nicht möglich, da der Markt von Mitbewerbern dominiert wird, die auf Lohn-Dumping setzen.“
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CO2-Preis gibt es seit 2021

Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) regelt in Deutschland die CO₂-Bepreisung fossiler Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel. Seit 2021 müssen Unternehmen Emissionszertifikate kaufen, um eine bestimmte Menge CO₂ ausstoßen zu dürfen. Diese werden im nationalen Emissionshandelssystem gehandelt. 2023 und 2024 wurde die CO₂-Bepreisung auf alle fossilen Brennstoffe ausgeweitet, teilt die Bundesregierung auf ihrer Internetseite mit.
ABE

„Preis lässt Möglichkeiten offen“

CO₂-Bepreisung sorgt für Herausforderungen in Betrieben

Guido Bünstorf, Professor für Wirtschaftspolitik, Innovationen und Entrepreneurship an der Universität Kassel hat eine klare Meinung zur CO₂-Bepreisung.

„Wir haben uns als Land und als EU Klimaziele gegeben und um diese zu erreichen, müssen wir am Ende CO₂-neutral werden und dafür sorgen, dass die Wirtschaft mit weniger CO₂-Emissionen funktioniert.“ Um dies zu gewährleisten, halte er die CO₂-Bepreisung für das Mittel der Wahl. „Dadurch wird dafür gesorgt, dass der CO₂-Ausstoß einen Preis hat, der den gesellschaftlichen Kosten entspricht.“

Zudem lasse der Preis viele Möglichkeiten offen. „Es ist kein Instrument, was den Unternehmen vorschreibt, wie sie den Ausstoß verhindern müssen.“ Die Kreativität der einzelnen Unternehmen könne voll genutzt werden. „Insofern ist die CO₂-Bepreisung die effizienteste Lösung, die Politik hat an der Stelle alles richtig gemacht.“

Die Kritik der Unternehmen hält Bünstorf für nicht gerechtfertigt. „Natürlich ist der CO₂-Preis mit Kosten verbunden.“ Dennoch sei die Bepreisung nicht von heute auf morgen eingeführt worden. „Die Politik hat einen langfristigen Preisentwicklungspfad vorgezeichnet, der seit vielen Jahren bekannt ist.“ Vorausschauende Unternehmen hätten sich Bünstorfs Ansichten nach entsprechend vorbereiten können.

Es sei auch nicht möglich, die Erhöhungen kurzfristig aufzugeben. „Einerseits würden die bevorzugt werden, die darauf spekuliert haben, dass die Politik dies nicht umsetzen kann.“ Andererseits verliere die Politik an Glaubwürdigkeit, und vorausschauende Unternehmen würden bestraft werden. Die möglichen Alternativen seien für die Unternehmen wesentlich schlechter.

„Zum Beispiel, wenn die Politik konkret beschließen würde, dass Unternehmen 20 Prozent weniger CO₂ ausstoßen dürfen.“ Innerhalb der Branchen hätten die Unternehmen ähnliche Probleme. „Dadurch wird auch der Wettbewerb nicht verzehrt“, sagt Guido Bünstorf. Das Geld des CO₂-Preises fließe außerdem in den Klima- und Transformationsfonds, werde also an anderer Stelle in den Wirtschaftskreislauf zurückgegeben. „Zum Beispiel, indem die Batteriezellproduktion staatlich unterstützt wird.“

Ab 2027 sei in den Bereichen Wärme und Verkehr mit einem deutlichen Anstieg der Kosten zu rechnen, weil die gedeckelte CO₂-Bepreisung dann in den europäischen Emissionshandel integriert werde. „Das heißt, eigentlich sollte man sich jetzt auf diesen Preissprung vorbereiten.“
ANNIKA BECKMANN
ARCHIVFOTO: KATJA RUDOLPH

2025 WLZ 25. 01.