Radikalablass aus Edersee kritisiert

Waldecker Parlament bespricht Vorgehen gegen niedrige Wasserstände

Der Pegel sinkt, die Anrainer sind sauer: Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt hat das verabredete Wassersparmodell für den Edersee eingestellt. © Swen Pförtner/dpa

Waldeck – „Keine Rücksicht auf den Edersee“ titelte die WLZ am 23. Juni. Hohe Wellen schlug die hochherrschaftliche Vorgehensweise des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) , das die vor einigen Jahren gemeinsam verabredete sparsame Bewirtschaftung des Edersees überraschend beendete, in der aktuellen Stadtverordnetenversammlung in der Stadthalle in Sachsenhausen.

Latif Hamamiyeh Al-Homssi (SPD) wollte im Rahmen einer Kleinen Anfrage wissen, warum die Verhandlungen zwischen der Interessengemeinschaft Oberweser und dem Regionalverband Eder-Diemel (RVED) gescheitert sind und welche Verfahrensoptionen seitens des WSA und des moderierenden Regierungspräsidiums aufgezeigt wurden.

Rückblickend sei festzustellen, dass im Februar wegen der erwarteten Unwetterfronten zu viel Wasser aus dem Edersee abgelassen wurde, antwortete Bürgermeister Nicolas Havel. „Die meterologische Lage hatte sich aber anders entwickelt als prognostiziert, das entstandene Defizit im Stausee konnte anschließend nicht mehr ausgeglichen werden.“ Mit dem Ausscheiden eines langjährigen Fachmanns im WSA sei zudem wertvolles Erfahrungswissen bei der Talsperren-Bewirtschaftung am Edersee verloren gegangen.

Fakt sei, dass die erprobte und einvernehmlich abgestimmte Triggerlinie zur Steuerung des Wasserpegels in Trockenzeiten nicht mehr weitergeführt werde. „Eine alternative Lösung ist bislang nicht in Sicht.“ Konkrete Einflussmöglichkeiten des RP in die laufenden Verhandlungen mit den Bezirksregierungen an der Oberweser sind Havel nicht bekannt. „Vor diesem Hintergrund soll der RVED die Gespräche mit den zuständigen Stellen aktiv fortsetzen, um regionale Interessen besser einbringen zu können.“

Waldecks Bürgermeister kündigte an, gemeinsam mit seinem Edertaler Amtskollegen Frederik Westmeier den Gesprächsfaden mit dem WSA aufzunehmen, „um bessere Einflussmöglichkeiten zu haben“. Die Anrainerkommunen seien auf eine verlässliche Einbindung in Entscheidungsprozesse rund um den See angewiesen. „Derzeit sind kommunale Einflussmöglichkeiten jedoch stark eingeschränkt – Entscheidungen fallen häufig auf Landes- oder Bundesebene.“

Der Edersee ist nicht nur Symbol der Region sondern Rückgrat der heimischen Freizeit-, Tourismus- und Wirtschaftsangebote, stellte Havel klar.

In der anschließenden Diskussion kommentierten Sprecher der Fraktionen scharf die Vorgehensweise des WSA.

Latif Hamamiyeh Al-Homssi (SPD): „Ich bin stinksauer, über die Art und Weise, wie mit einer ganzen Region umgegangen wird. Das hat mit Respekt gegenüber einer Region und den Anrainern nichts zu tun. Wir müssen klare Haltung zeigen und sagen, dass es so nicht geht.“

Michael Keller (CDU) sprach von einer „stark ignoranten und intoleranten Haltung“. Man klammere sich an einen Beschluss zur Bewirtschaftung des Stausees aus dem letzten Jahrtausend. Die Vorgehensweise sei kurzsichtig, denn bei Fortschreiten des Klimawandels würden alle von den Realitäten eingeholt, prophezeite Keller. „Die Region Oberweser wird genauso Verlierer sein wie die Ederseeregion.“

Martin Merhof (FDP) informierte: Wegen Niedrigwasser wurde die Schifffahrt auf dem Rhein von Koblenz bis zur Nordsee eingeschränkt. „Die einzige Bundeswasserstraße, die anscheinend für den Transport von Gütern und Waren notwendig ist, ist die Oberweser.“ Die Pegelstände sinken, je weiter man nach Norden komme, bis auf 30 oder 40 Zentimeter, sagte Merhof. „Das heißt: Wir subventionieren mit dem Wasser aus dem Edersee einen Abschnitt, auf dem man noch nicht mal bis zum Mittellandkanal kommen kann. Das ist eine Unverschämtheit der Region gegenüber.“ Er forderte alle Beteiligten auf, wieder in die Diskussionen einzusteigen.

Martin Germann (FWG): „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und sind verpflichtet, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“ Mit Blick auf den Klimawandel sei es dringend an der Zeit, gemeinsam zu handeln, „sonst verlieren wir nämlich alle“.

Jürgen Trietsch (Bündnis 90/Die Grünen) unterstützte seine Vorredner und zeigte gleichzeitig Handlungsbedarf der Stadt bei sinkendem Pegel an den Badestellen an. „Es ist ein Erlebnis, im Edersee zu schwimmen, aber oft ein Problem, dort überhaupt hinein zu kommen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir den Zugang zum Wasser optimieren.“

Am Ende der hitzigen Debatte merkte Stadtverordnetenvorsteherin Anni Berthold an: „Die Bewirtschaftung des Edersees ist ein hoch brisantes Thema.“ Aus Waldeck kommt nun der dringende Appell, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. „Wir sollten uns mit den Institutionen der Oberweser zusammentun,“ riet Martin Neuhaus (Bündnis 90/Die Grünen), denn keiner am Edersee oder an der Oberweser habe einen Vorteil, wenn Anfang des Sommers der größte Stausee der Region leer ist. Der heimische Bundestagsabgeordnete Jan-Wilhelm Pohlmann (CDU) wird aufgefordert, Stellung beziehen und dafür zu sorgen, dass alle im Dialog bleiben.CORNELIA HÖHNE

Wassersparpetition

Auf der Petitionsplattform change.org hat Marco Kilian eine Petition gestartet, die eine nachhaltigere Bewirtschaftung des Edersees fordert. Zum Schutz der umliegenden Flora und Fauna müssten die Regelungen angepasst werden. 1600 unterzeichneten bis gestern Mittag.RED

2025 WLZ 05. 07.