UMSPANNWERK IN NETZE

Tennet hält am geplanten Standort fest

Flugplatz-Variante ist für Betreiber keine Option

Klare Botschaft: In der Nähe des Sportplatzes in Netze sind diese Plakate angebracht. Der geplante Bau eines Umspannwerks nahe des Waldecker Ortsteils wird unter den Netzern auch äußerst kritisch gesehen. © Foto: Philipp Daum

Waldeck-Netze – Die Botschaft von Tennet-Mitarbeiter Dr. Marco Bräuer war unmissverständlich: Am geplanten Standort für das Umspannwerk in Netze wird nicht gerüttelt. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstagabend im Waldecker Bürgerhaus betonte Dr. Bräuer erneut, dass der anvisierte Standort entlang der Landesstraße 3388 zwischen dem Abzweig von der Bundesstraße und dem Ortsteil Waldeck aus Betreibersicht der beste sei.

Der Tennet-Mitarbeiter sicherte in diesem Zusammenhang noch einmal zu, dass die Drehung der Fläche um 90 Grad umgesetzt werde. Somit wachse nicht nur der Abstand zum Westrand von Netze, auch der Fombach bleibe von Eingriffen verschont.

„Wir haben die Flugplatzvariante nach verschiedenen Kriterien geprüft“, sagte Dr. Bräuer mit Blick auf den von mehreren Netzern geäußerten Wunsch, das Umspannwerk noch weiter weg vom Ort zu bauen. „Prinzipiell ist dort mit Blick auf die Bodenbeschaffenheit und die Topografie der Bau eines Umspannwerkes möglich“, so Dr. Bräuer. Allerdings könne aus Sicherheitsgründen natürlich kein Umspannwerk neben einem Flugplatz gebaut werden. Als daraufhin die unmittelbare Fläche des Flugplatzes ins Spiel gebracht worden sei, habe man bei Tennet wiederholt die Signale vernommen, dass der Platz weiter betrieben werden solle. Dies sei auch der Tenor gewesen, als Tennet selbst den Kontakt zum Betreiber aufgenommen habe.

„Hinzu kommt: Die Geländeneigung dort macht den Transport eines Transformators deutlich schwieriger – wir sprechen hier von einem Transportgewicht in Höhe von rund 300 Tonnen“, erläuterte Dr. Bräuer. Er wolle zwar nicht behaupten, dass dies gänzlich ausgeschlossen sei. Aber letztlich seien mit solch einem Transport und dem späteren Bau des Umspannwerkes auf dem Flugplatz-Areal auch mehr Erdbewegungen verbunden.

Der Tennet-Mitarbeiter führte noch ein weiteres Argument an. „Wenn wir die Flugplatz-Idee mit unserem anvisierten Standort vergleichen, steht fest: Wir müssten mehr Netzausbau realisieren, als es notwendig wäre. Das bedeutet im Detail: Je weiter weg eine Anlage von bestehenden Leitungen platziert wird, desto mehr Ausbau ist erforderlich und desto mehr Eingriffe ins Landschaftsbild gibt es“, so Dr. Bräuer. Dies wäre bei der Flugplatz-Variante der Fall.

Außerdem habe Tennet den Eindruck gewonnen, dass ein Umspannwerk auf dem Flugplatz-Areal in der Bevölkerung „wie auf dem Präsentierteller“ wirke und damit aus ästhetischer Sicht eher nicht infrage komme. Tennet sei daher nicht vom geplanten Standort abgewichen.

Das wollte Michael Keller (CDU) genauer wissen. „Heißt das, dass Sie sich nun entschieden haben und dass für Sie keine weitere Standortdiskussion infrage kommt?“ Darauf antwortete Dr. Bräuer: „Wenn Sie die Frage so stellen, lautet die Antwort: Ja.“

„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, rief daraufhin ein Netzer, der zusammen mit weiteren Bürgerinnen und Bürgern aus dem Waldecker Ortsteil zur Ausschusssitzung gekommen war. Rund 30 Interessierte hatten im großen Saal des Waldecker Bürgerhauses Platz genommen, um sich über den neuesten Stand beim geplanten Umspannwerk informieren zu lassen. Rederecht erhielt hierbei – den Statuten entsprechend – nur der Netzer Ortsvorsteher Dirk Möller. Und der wies zunächst auf ein weiteres Vorhaben hin, das eng mit dem Umspannwerk zusammenhängt.

„Es gibt Pläne, dass zusätzlich zum Umspannwerk auch ein Batteriespeicherwerk gebaut werden soll. Dieses soll sich über eine Fläche von 13,5 Hektar erstrecken und in die kleine Fombach kommen“, sagte Möller. Bewohner des Dorfes würden schon gezielt angesprochen und gefragt, ob sie ihre Flächen dafür verkaufen wollen. Die Sorge im Ort sei daher groß, dass in den nächsten Jahren neben dem Umspannwerk noch einige Speicherwerke hinzukommen.

Bürgermeister Nicolas Havel sagte zu diesem Thema: „Wenn ein Batteriespeicherwerk bei uns möglich ist, vermitteln wir sehr gerne eine Industriebrache, nämlich die Mauser-Werke außerhalb von Bebauungen.“

Appell des Ortsvorstehers

Dirk Möller berichtete zudem, dass der Ortsbeirat zuletzt mehrfach oben beim Flugplatz gewesen sei. „Wenn, dann sehen wir höchstens Spitzen vom Umspannwerk in Netze und Waldeck. Auch die Schwierigkeit, einen 300 Tonnen schweren Transformator dort hochzufahren, kann kein Argument für den anderen Standort an der Landesstraße 3388 sein, der sich dichter am Ort befindet“, betonte Möller. Der Pächter des Flugplatzes sei außerdem bereit, bei einem gewissen Entgelt auf die Pacht zu verzichten, damit die Fläche letztlich für das Umspannwerk zur Verfügung gestellt werden könne.

„Bei so einem großen Projekt muss man dann eben mal einen Bagger nehmen und etwas mehr Erde zusammenschieben, wenn dadurch erreicht werden kann, dass das Umspannwerk weiter weg vom Ort kommt“, sagte der Ortsvorsteher. „Herr Dr. Bräuer, tun Sie uns deshalb bitte den Gefallen und nehmen Sie den Flugplatz nochmal in ihre Standortplanungen auf!“, appellierte Möller. PHILIPP DAUM

»ARTIKEL UNTEN

Netzagentur sorgt für Versorgungssicherheit

Damit der Strom zu Hause genutzt werden kann, braucht er eine niedrigere Spannung – er muss also transformiert werden. Genau das machen Umspannwerke: Sie verbinden die verschiedenen Spannungsebenen im Stromnetz miteinander – zum Beispiel, wie in Netze geplant, Höchstspannung (380 KV) mit Hochspannung (110 KV). Die Regulierungsbehörde von Umspannwerken ist die Bundesnetzagentur. Sie stellt somit sicher, dass die Stromnetze funktionieren und eine Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Darauf hat Tennet in den vergangenen Monaten stets hingewiesen: Das Umspannwerk müsse laut Vorgaben der Bundesnetzagentur in Netze gebaut werden, und alternative Standorte schieden mangels ausreichender Perspektive auf Genehmigung aus. Das in Netze geplante Umspannwerk mit Phasenschieber-Transformator sei nötig, um das Umspannwerk „Waldeck“ bei Hemfurth zu entlasten. Ob der Bau in Netze genehmigt wird, entscheidet letztlich das Regierungspräsidium Kassel.
DAU

„Das ganze Monster wird riesengroß“

Unverständnis, Enttäuschung und auch Wut machten sich unter den Netzern breit, die nach der Vorstellung der aktuellen Pläne zum Umspannwerk vor das Waldecker Bürgerhaus getreten waren, um frische Luft zu schnappen. „Da wird einfach über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg entschieden“, sagte ein Netzer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Mit dem Umspannwerk sei es ja nicht getan. „Die Möglichkeit, das Flugplatzgelände für das Projekt zu nutzen, wurde vom Betreiber doch deshalb verworfen, weil dort dann nicht genügend Fläche für zusätzliche Batteriespeicherwerke vorhanden wäre“, echauffierte sich der Bewohner. An der Landesstraße sei dafür aber ausreichend Platz.

Demzufolge müssten sich die Netzer in Zukunft wohl auf weitere Projekte in diesem Bereich einstellen. „Das ganze Monster wird riesengroß und befindet sich dann auf ehemaligen Ackerflächen, die die Menschen direkt vor der Haustür haben“, ist sich der Netzer sicher, der davon ausgeht, dass es bei den 13,5 Hektar nicht bleibe, die der Ortsvorsteher in der Sitzung genannt habe

„Gestern habe ich noch mit jemandem aus Netze gesprochen, der die Batteriespeicher-Firma bei sich zu Hause hatte. Da wurde eine Landbekundung gemacht, und die Firma will jetzt 20 Hektar kaufen, um in unmittelbarer Nähe zum geplanten Umspannwerk eine Batteriespeicheranlage zu errichten“, sagte der Netzer. Es sei derzeit auch nicht nur eine Batteriespeicher-Firma in Netze unterwegs, sondern mittlerweile würde drei dieser Firmen Ausschau nach Flächen halten.

„Ich verstehe auch das wirtschaftliche Argument der Firma Tennet nicht“, sagte ein anderer Netzer, der ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte. Es spiele für das Unternehmen doch keine Rolle, wenn das Umspannwerk weiter weg liege von den Leitungen und der Bau dadurch etwas teurer werde. „Die gesamten Investitionskosten werden am Ende doch eh auf die Netzentgelte umgelegt. Auf das Bilanzergebnis der Tennet hätte eine Standortverlagerung zum Flugplatz hin deshalb überhaupt keinen Einfluss.“

2025 WLZ 06. 09.