„Demokratie lebt vom Mitmachen“
Jugendliche im Gespräch mit dem Waldecker Bürgermeister über ihre Ideen

Im Gespräch mit dem Bürgermeister: Die Jugendlichen nutzten die Gelegenheit, Bürgermeister Nicolas Havel von ihren Wünschen und Ideen zu berichten. © Fotos: Barbara Liese
Sachsenhausen – Unter dem Motto „Der Jugend eine Stimme geben“ hat der Waldecker Bügermeister Nicolas Habel Jugendliche der Region zu einem Gespräch eingeladen. Er wollte erfahren, welche Themen den Schülern wichtig sind. Er beantwortete ihre Fragen und machte ihnen Mut, die eigenen Ideen zu entwickeln. Gleichzeitig nutzte Havel die Gelegenheit, den Jugendlichen praktische Einblicke in die Aufgaben und Einflussbereiche der Stadt zu geben und gemeinsam über Formen der Beteiligung – etwa einen Jugendbeirat – nachzudenken.
Die gute Nachricht zuerst: Das Interesse an Politik beginnt bei Jugendlichen nicht erst, wenn sie selbst an Wahlen teilnehmen können. Es ist aktuell so hoch, wie seit Jahren nicht. Das zeigen Daten der aktuellen Shell Jugendstudie 2024. Rund ein Drittel der Zwölf- bis 14-Jährigen schätzt sich selbst als politisch interessiert ein. Bei den Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren sind es sogar 47 Prozent. Die schlechte Nachricht: Nur 45 Prozent aus beiden Gruppen glauben, dass sie tatsächlich Einfluss nehmen können. Noch schlechter beurteilen die Jugendlichen das Interesse der Kommunalpolitik an ihren Ideen und Wünschen. Gerade einmal 15 Prozent haben den Eindruck, dass Politiker ihrer Stadt ihre Anliegen überhaupt zur Kenntnis nehmen oder sich für sie einsetzen. Mit den Möglichkeiten am Wohnort oder im eigenen Stadtteil Einfluss zu nehmen, sind sogar nur zehn Prozent zufrieden.
Interessierte Stadtverordnete nutzten die Gelegenheit, sich vorzustellen und die Gespräche zu begleiten. Gekommen waren Schüler aus beinahe allen Stadtteilen und Schulen in Bad Wildungen, Sachsenhausen, Edertal, Korbach und Bad Arolsen. Besprochen wurde eine bunte Palette an Fragen, Vorschlägen und Wünschen. Der Schulalltag, die Bedeutung von Social Media, Handyverbot, Ganztagsbetreuung oder die Planung und Gestaltung von Sportstätten wurden ebenso besprochen, wie eine mögliche Nutzung von Leerständen für Jugendliche und eine konkrete Verkehrsführung am Warteweg in Sachsenhausen.
Beim Thema des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) wurde besonders deutlich, dass die Verbindung zu Ortsteilen wie Freienhagen, Dehringhausen und Selbach verbessert werden sollte. Die Jugendlichen wollen außerdem das AST-Angebot (Anruf-Sammel-Taxi) genauer untersuchen. Bürgermeister und Verwaltung sagten zu, die Linienstruktur gemeinsam mit dem Verkehrsträger zu prüfen. Die Idee der Jugendlichen, einen interaktiven Netzlinienplan zu entwickeln, der wichtige Verbindungen sichtbar macht, soll weiterverfolgt werden. Ausführlich wurde auch über das Umspannwerk Netze gesprochen, das offensichtlich nicht nur die Erwachsenen bewegt. Für die gut informierten Schüler hatte Nicolas Havel keine Neuigkeiten, doch sie setzten sich noch einmal für eine Verlagerung des geplanten Standortes ein und schlugen vor, das Landschaftsbild um den Bau herum zumindest mit Büschen und Bäumen zu verbessern. Zudem wäre eine kostenlose Stromversorgung für die Nachbarn des Umspannwerks vielleicht eine kleine Entschädigung.
Die Anregungen der Jugendlichen werden nun ausgewertet. Geplant sind: die Prüfung eines Jugendbeirats, eine Weiterarbeit am Thema ÖPNV gemeinsam mit den Jugendlichen, regelmäßige Beteiligungsformate für junge Menschen, und die Integration der Ergebnisse in die kommunale Entwicklungsarbeit. „Es war spannend und beeindruckend“, fasst Nicolas Havel den Tag zusammen und ergänzte: „Ich habe tolle Jugendliche mit guten Ideen kennengelernt und dem Mut, Dinge zu probieren und zu äußern. Mir ist es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass ihre Meinung zählt. Wir müssen jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich einzubringen, zu hinterfragen und Verantwortung zu übernehmen. Demokratie lebt vom Mitmachen – nicht vom Zuschauen und das gilt auch für unser Zusammenleben hier in Waldeck“. BARBARA L
„Einsatz für unseren Ort ist wichtig“
Karlotta Zoey Ulrich und Kaan Karibinar aus der Gruppe der Zwölf- bis 14-Jährigen sind sich einig: Es war toll den Bürgermeister direkt zu treffen. Laut den beiden Schülern war es gut, ihm alles sagen zu können. Dabei sei Havel sehr nett gewesen und habe ihnen genau zugehört. Sie hoffen auf weitere, solche Gelegenheiten.
Ann-Kathrin Stein aus der Gruppe der Älteren war eine stille, aber genaue Zuhörerin: „Ich interessiere mich für meine Stadt. Für mich ist es wichtig, zu wissen, was ich beeinflussen kann und an wen ich mich wenden kann. Ich nehme viel mit über die Möglichkeiten, wie wir uns einbringen können. Ich werde darüber nachdenken, welche Initiative ich ergreifen kann“.
„Die Kommunalpolitik kann, das haben wir heute erfahren, bei vielen Themen nicht wirklich Einfluss nehmen“, fasst Adrian Frank für sich und seine Schulkameraden die Gespräche zusammen. „Selbst die Erwachsenen und sogar der Bürgermeister können viele Entscheidungen nicht beeinflussen. Umso wichtiger ist es, dass wir auch eine Stimme haben und uns für unseren Ort einsetzen, wo immer es möglich ist“, sagt Frank. BL

2025 WLZ 28. 10.