„Umspannwerk anders platzieren“
Ortsbeirat nicht prinzipiell gegen Anlage, fordert aber weitere Prüfung

Blick aus der Gegenrichtung: Kaum zu erkennen? Vom Netzer Ortsrand aus soll sich das Umspannwerk in dieser Visualisierung von TenneT so darstellen. Allerdings räumt Dr. Marco Bräuer ein, dass die neuen Hochspannungsmasten mit Leitungen in der Fotomontage fehlen. © Fotomontage: TenneT/pr
Netze – Der Frust über die Vorgehensweise von TenneT beim geplanten Netzer Umspannwerk sitzt tief im Ortsbeirat. „Hätten wir damals nicht aktiv nachgefragt, hätten wir noch viel später von dem Projekt erfahren“, erinnert Ortsvorsteher Dirk Möller. Das Team um ihn herum lässt sich auch nicht dadurch besänftigen, dass der Netzbetreiber in der aktuellen Fassung die große Anlage um 90 Grad auf dem favorisierten Standort westlich von Netze gedreht hat.
Die lange Seite über etwa 700 Meter verläuft laut aktuellen Plänen entlang der Landesstraße 3388 zwischen dem Abzweig von der Bundesstraße und dem Ortsteil Waldeck. Die kürzere Seite von 300 bis 400 Metern liegt parallel zur Bundesstraße. „Einige Hundert Meter gewinnen wir dadurch, aber im Gegenzug rücken die neuen Strommasten ja näher ans Dorf“, sagt Ortsbeiratsmitglied Lukas Bischof.
Hinzu kommt: Ein Investor möchte nun auch noch südlich von Netze Batteriespeicher errichten. Das entstehende Karree wäre zwar deutlich kleiner als das Umspannwerk, aber die Bewohner des Neubaugebietes in Netze bekämen von den Höhen und der Ausdehnung her quasi eine Art großen Garagenblock Richtung Waldeck vor die Nase gesetzt.
Betreiber will den Flugplatz erhalten
„Wir sind nicht prinzipiell gegen das Umspannwerk, aber wir wollen es so weit weg wie möglich vom Ort und möglichst unauffällig platziert sehen“, erklärt der Ortsvorsteher. Der beste Standort wäre vor diesem Hintergrund aus Sicht des Ortsbeirates der heutige Waldecker Flugplatz mit angrenzenden Flächen. „Das Umspannwerk wäre weder aus Netze noch aus Waldeck zu entdecken“, begründet Ortsbeiratsmitglied Gerhard Rieder diesen Ansatz.
Dr. Marco Bräuer, TenneT-Referent für Bürgerbeteiligung, versteht das zwar, bezeichnet diese Variante jedoch als unmöglich: „Der Flugplatz soll ja weiterbetrieben werden.“ Das Gelände gehört dem Domanium. Siegfried Vent hat es gepachtet. Der leidenschaftliche Flieger betreibt den Platz seit Langem, „und der Pachtvertrag läuft noch 20 Jahre“, gibt er auf Anfrage an. 30 bis 40 Piloten nutzten das Gelände regelmäßig. Hinzu kämen Gastflieger.
Der Ortsbeirat schlägt eine attraktive Entschädigung vor, falls Vent sich vom Flugplatz trennt, doch der Pilot ist ehrlich: Weil ihm das Fliegen so am Herzen liege, müsste die Entschädigung eine Höhe erreichen, „dass sie sicher niemand zu zahlen bereit wäre.“ Denn einen neuen Flugplatz als Ersatz an anderer Stelle genehmigt zu bekommen, sei heutzutage mit gewaltigem Aufwand und hohen Kosten verbunden. „Mindestens zehn Jahre würde das Genehmigungsverfahren dauern“, schätzt Vent. Damit wäre nichts gewonnen, denn so lange kann TenneT mit dem Umspannwerk nicht warten. Der Netzbetreiber steht in der Pflicht, es viel schneller zu bauen.MATTHIAS SCHULDT
Stadt ausgehebelt
Bürgermeister Nicolas Havel hat großes Verständnis für den Ärger im Ortsbeirat und kritisiert: „Die Planungshoheit der Kommunen wird durch so ein Vorgehen praktisch ausgehebelt.“ Die betreffende Bevölkerung sei nur mit den Nachteilen solcher Projekte konfrontiert. Ein solches Handeln übergeordneter staatlicher Ebenen und großer Unternehmen schwäche das Vertrauen in die Demokratie. Für das Umsetzen der Energiewende und ähnlicher Vorhaben – so notwendig sie seien – fordert Havel mehr Transparenz und das Aufstellen eines Gesamtkonzeptes. Eines Konzeptes, das den Menschen an Ort und Stelle auch konkrete Vorteile biete, wenn sie die Folgen veränderter Infrastruktur schon auf sich nehmen müssten.SU

2025 WLZ 20. 08.