Kreistag: Debatte zu Finanzen der Kommunen
Waldeck-Frankenberg – Intensiv hat der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung ums Geld diskutiert. Es ging um die finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden sowie des Landkreises Waldeck-Frankenberg. Nach Meinung der Grünen stellt das Land Hessen für die Verwaltungen viel zu wenig Geld bereit – die Summe von 200 Millionen Euro für den kommunalen Finanzausgleich sei nicht hoch genug. Es sei nicht hinnehmbar, dass der ursprüngliche Plan der schwarz-grünen Vorgängerregierung in Wiesbaden, 600 Millionen Euro bereitzustellen, nicht umgesetzt worden sei.
Die Grünen hatten deshalb eine Aktuelle Stunde im Kreistag beantragt. In der Debatte wurde ausführlich und engagiert diskutiert – mit Blick auf die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar durfte natürlich auch das eine oder andere Wahlkampfgetöse nicht fehlen.
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„Die Städte und Gemeinden leiden“
Intensive Debatte zur künftigen Finanzausstattung der Kommunen im Landkreis
Der Finanzplanungserlass des Landes Hessen bringt aus Sicht der Grünen auch für die Kommunen in Waldeck-Frankenberg viel zu wenig Geld. Deshalb gab es eine Aktuelle Stunde im Kreistag. © Foto: Monika Skolimowska/dpa
Waldeck-Frankenberg – Die Städte und Gemeinden werden vom Land Hessen nur unzureichend mit dringend benötigtem Geld ausgestattet. Dieser Meinung ist die Kreistagsfraktion der Grünen. Sie kritisiert auch, dass die Kommunen aufgrund des „zu spät“ vorgelegten Finanzplanungserlasses der Landesregierung in finanzielle Bedrängnis gerieten. Schließlich sei im Erlass auch eine viel zu geringe finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden vorgesehen. Auch in Waldeck-Frankenberg würden Kämmerer und Bürgermeister an ihre Grenzen stoßen. Haushaltspläne, wie beispielsweise der Etat in Lichtenfels, hätten angesichts der veränderten Finanzlage neu durchgerechnet werden müssen. Grundsteuerhebesätze seien oft die einzigen Stellschrauben.
Die Grünen brachten daher eine Aktuelle Stunde zu dem Thema auf die Tagesordnung der vergangenen Kreistagssitzung. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Statements aus der Debatte zusammen.
„Der Finanzplanungserlass der Hessischen Landesregierung für 2025 kam zu spät und er bringt zu wenig für die Kommunen in Waldeck-Frankenberg“, sagte Daniel May, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag. Der kommunale Finanzausgleich für das kommende Jahr steige nicht um 600 Millionen Euro, wie von der schwarz-grünen Vorgängerregierung geplant – sondern lediglich um 200 Millionen Euro. Die schwarz-rote Landesregierung kürze also 400 Millionen Euro bei den Kommunen – und das, obwohl die Steuereinnahmen in Hessen deutlich steigen werden.
„Darunter leiden auch die Städte und Gemeinden sowie der Landkreis in Waldeck-Frankenberg. Für den Kreis bedeutet dies ein Minus von rund drei Millionen Euro gegenüber der ursprünglichen Finanzplanung. Und diese Kürzung kommt trotz weiter deutlich steigender Ausgaben“, betonte der Fraktionschef. Er sprach von „kommunalfeindlicher Politik“ auf dem Rücken der Städte und Gemeinden. Die Landesregierung sorge „mit ihrem Haushaltschaos für grassierende Unsicherheiten bei den Kommunen“ und werde die Unterfinanzierung und Verschuldung dieser noch weiter vorantreiben.
„Als Ausweg für die Unterfinanzierung wird im Finanzplanungserlass nämlich ganz klar gesagt, dass sich die Kommunen verschulden sollen und dass man konziliant bei der Genehmigung unausgeglichener Haushalte sein werden. Aus unserer Sicht ist das keine nachhaltige Finanzpolitik“, sagte May, der auch den Blick auf die Grundsteuerreform richtete. „Hier wurde vom Land im Vorfeld der Reform immer wieder gesagt, dass sie aufkommensneutral geregelt werde. Nun heißt es aber, die Kommunen seien angehalten, die Grundsteuerreform nicht aufkommensneutral zu gestalten – sondern die Grundsteuer zu erhöhen, wenn das Geld nicht reiche. Es wird also nicht das eingehalten, was versprochen wurde. Es ist daher zu erwarten, dass wir in den Kommunen auf breiter Front Grundsteuererhöhungen sehen werden“, prognostizierte May. Er riet im Namen seiner Fraktion den Städten und Gemeinden, sich gegen die Finanzpolitik zu wehren. Aus dem Kreistag solle mit dieser Debatte ebenfalls „ein Stopp-Signal an die Landesregierung gesendet werden“.
PHILIPP DAUM
Finanzplanungserlass
Das Land Hessen hat am 11. November dieses Jahres mit dem Finanzplanungserlass die Höhe des kommunalen Finanzausgleichs für 2025 bekanntgegeben. Entgegen früherer Zusagen wird der Anstieg geringer ausfallen, was für die Städte und Gemeinden in Hessen Millionen-Verluste bedeutet. Im Finanzplanungserlass sind die Orientierungsdaten enthalten, die Hinweise auf die voraussichtlichen Entwicklungen wichtiger Ertrags- und Aufwandspositionen in den kommunalen Haushalten geben. Die Einnahmeansätze basieren im Wesentlichen auf den Ergebnissen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom Oktober 2024.Angekündigte Signale und Wahlkampfgetöse
■ FREIE WÄHLER
Uwe Steuber, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, blickte „aus einer etwas anderen Perspektive“ auf den Finanzplanungserlass. „Die Städte und Gemeinden haben weniger ein Einnahme-, sondern viel mehr ein Ausgabeproblem. Explosiv gestiegen sind bei Kommunen und Landkreisen seit Jahren diejenigen Ausgaben, die von staatlicher Seite bestimmt werden. Das werden wir auch merken, wenn der Landrat den Kreishaushalt 2025 vorlegt.“ Die Kommunen könnten nicht mehr gegensteuern – letztlich würden die Bürgerinnen und Bürger zur Finanzierung herangezogen oder es gehe in die kommunale Verschuldung. „Die Belastungsgrenze in der Bevölkerung ist aber bereits überschritten. Einkommenssteuerlasten, Sozialabgaben oder die Grundsteuerzahllast sind nicht mehr tragbar“, sagte Steuber. Immer höhere Auflagen legten zudem die kommunale Selbstverwaltung in den Städten und Gemeinden sowie im Landkreis lahm.
„Wir können nicht mehr gestalten, sondern müssen verwalten und sind gezwungen, die Bürgerinnen und Bürger immer weiter zu belasten.“ Damit müsse Schluss sein. Seine Fraktion bitte daher den Kreisausschuss gemeinsam mit den Bürgermeistern im Landkreis ein ganz klares Signal nach Wiesbaden zu senden, dass es so nicht weitergehen könne.
■ CDU
„Herzlich willkommen im Bundestagswahlkampf“, leitete CDU-Fraktionschef Timo Hartmann seine Rede ein. Er habe sich etwas gewundert, als die Grünen die Aktuelle Stunde eingereicht haben. Es sei zwar korrekt, dass eine Erhöhung im kommunalen Finanzausgleich von 600 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden sei und dass jetzt nur noch 200 Millionen zugesagt würden. „Dies hat aber den Hintergrund, dass wir sinkende Steuereinnahmen haben.“ Dies zeigten die aktuellen Steuerschätzungen ganz deutlich, es gebe in Hessen Einbußen in Milliardenhöhe. Und trotzdem habe der kommunale Finanzausgleich in Hessen mit seinem Gesamtvolumen von 7,13 Milliarden Euro einen Höchstwert erreicht.
Verantwortlich für die sinkenden Steuereinnahmen sei maßgeblich der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck. „Die deutsche Wirtschaft stagniert und ist rückläufig. Dadurch haben wir weniger Steuereinnahmen – auch in den Kommunen. Die Bundesregierung hat zudem Gesetze zum Sozialstaat erlassen, die die Landkreise ausführen müssen. Neu ist, dass dies die Städte und Gemeinden auch noch bezahlen sollen. Daher ist es gut, dass der Spuk in Berlin zu Ende ist“, so Hartmann. Gleichzeitig machte er deutlich, dass es richtig sei, sich gemeinsam im Landkreis für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen einzusetzen. „Dies geht aber wiederum nur zusammen mit dem Land Hessen, das auch mit Kostensteigerungen zu kämpfen hat.“
Angestachelt von der Rede Hartmanns wies Jürgen Frömmrich (Grüne) darauf hin, dass der Landeshaushalt in Hessen über 1,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen verfüge. „Da kann man sich doch nicht hier hinstellen und sagen: Dem Land geht es schlecht, wir haben weniger Steuereinnahmen und deshalb müssen wir das an die Kommunen weitergeben“, so Frömmrich.
■ FDP
„Es ist nicht immer nur die Politik, die dafür verantwortlich ist, wie hoch die Steuereinnahmen sind“, sagte Bastian Belz (FDP). Nicht zu beeinflussende Faktoren der Weltwirtschaft, die zur aktuellen Exportschwäche in Deutschland beitrügen, spielten mit rein. Auch Belz kritisierte, dass der Finanzplanungserlass des Landes Hessen viel zu spät gekommen sei. Dies schränke die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen stark ein, Haushalte müssten erst einmal zurückgestellt und nachgerechnet werden. Angesichts der Komplexität des Themas forderte er das Land Hessen auf, diesbezüglich Hilfestellungen zu leisten. Dies gelte auch bei der Grundsteuerreform, denn auch hier würden die Kommunalverwaltungen plötzlich mit geänderten Ausgangslagen konfrontiert.
■ SPD
„Die Lage der öffentlichen Haushalte in Hessen ist – bedingt durch die konjunkturelle Eintrübung und anderer Faktoren – dramatisch“, sagte Dr. Daniela Sommer (SPD). Mit Blick auf den Anteil des Landeshaushaltes daran, sagte sie, dass es viele gesetzliche Aufgaben gäbe, die die finanziellen Spielräume einschränkten. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir das, was die vorherige Landesregierung an Geld in den Finanzausgleich hinein geben wollte, auch hätten umsetzen können. Aber wir konnten das nicht machen, weil die Haushaltslagen derzeit so schwierig sind“, sagte Sommer.
Unterm Strich seien aber immer noch 200 Millionen Euro mehr vorhanden. Der kommunale Finanzausgleich sei also nicht gekürzt worden, wie es die Grünen verkaufen würden – das Gegenteil sei der Fall. SPD und CDU seien in den hessischen Kommunen verwurzelt wie keine anderen Parteien. „Wir wissen um die Herausforderungen dort und haben die Erhöhung im Finanzausgleich um 200 Millionen Euro gestemmt. Auch bei den Schlüsselzuweisungen gibt es einen Zuwachs von 20 bis 35 Prozent. Wir würden gerne mehr geben, das funktioniert in der aktuellen wirtschaftlichen Lage aber nicht. Sobald es funktioniert, werden wir es tun“, sagte die Sozialdemokratin.
Die AfD beteiligte sich nicht an der Debatte.
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Das sagen die Fraktionslosen
Auch die fraktionslosen Abgeordneten Regina Preysing (Linke) und Arno Wiegand (parteilos) äußerten sich in der Debatte. „Wir dürfen keine weitere militärische Eskalation zulassen. Wenn wir gezwungen werden, noch viel mehr als die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus Steuergeldern bereitzustellen, stellt sich die Frage, wo künftig das Geld für die Kommunen herkommen soll? Woher kriegen wir Geld für Infrastrukturprojekte?“, fragte Regina Preysing, die sich klar gegen Grundsteuererhöhungen aussprach. „Damit werden Menschen belastet, die viel leisten, um ihre Miete oder ihren Hausabtrag zahlen zu können.“ Arno Wiegand betonte, dass in Waldeck-Frankenberg weiter über Fusionen von Kommunen nachgedacht werden müsse. „Brauchen wir wirklich so viele Städte und Gemeinden, brauchen wir so viele Verwaltungen? Können wir uns das leisten und finden wir noch Fachkräfte?“, fragte er.
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Landrat: „Die Situation ist ernst“
In der zwischenzeitlich stark vom Bundestagswahlkampf geprägten Debatte versuchte Landrat Jürgen van der Horst, die Ursachen für die „ernste Situation“ zu verdeutlichen. „Wir sehen auf allen staatlichen Ebenen eine veritable Haushaltskrise. Bundesgesetzliche Maßnahmen der letzten Jahre – und damit meine ich auch längere Zeiträume als die vergangenen ein, zwei Jahre – haben dazu geführt, dass viele richtige sozialpolitische Entscheidungen nicht vollumfänglich gegenfinanziert sind. Die Kommunen müssen wesentliche Lasten tragen.“ Zwar stelle der Bund Mittel bereit, doch es bleibe eine Unterfinanzierung. Insgesamt müsse die Frage gestellt werden, was der Sozialstaat leisten könne und was er anderen abverlangen dürfe. „Hier muss es einen gesamtgesellschaftlichen Konsens geben, damit das System straffer organisiert werden kann“, so van der Horst.
Er betonte, dass der Kreis die schwierige finanzielle Lage bei den kommunalen Haushalten in den nächsten Jahren nur gemeinsam mit den Kommunen in Waldeck-Frankenberg lösen könne. „Wir suchen intensiv den Austausch mit den Städten und Gemeinden, um zu fairen Lastenverteilungen zu kommen“, so van der Horst. Verabredet sei, dass man auch gemeinsame Positionen in Richtung des Landes Hessen formuliere. „Klar ist dennoch: Die Situation ist außergewöhnlich. Sie hat mindestens die Qualität der Finanz- und Wirtschaftskrise aus 2007 und 2008.“ Um in solch einer Krise gegenzusteuern, brauche man auch Land und Bund gleichermaßen.
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2024 WLZ 19. 12.