Totenschilde, Engel und lächelnder Löwe
AUSFLUGSTIPPS – Neu konzipiertes Museum im Kloster Frankenberg lenkt Blick auf Philipp Soldan
Justitia wacht über Frankenberg: Eine wandhohe Leuchttafel mit der kolorierten Stadtansicht von Braun-Hogenberg bietet dem Besucher gleich im Foyer des Museums im Kloster Frankenberg einen Blick über die mittelalterliche Stadt mit Mauer und 20 Wehrtürmen. Fotos: Karl-Hermann Völker
Unsere Region hat zu jeder Jahreszeit etwas zu bieten und so gibt es auch im Winter zahlreiche Ausflugsziele. Wir geben Tipps, was Sie unternehmen können.
Frankenberg – Schalksfiguren huckepack am Fachwerkrathaus, sanft in Falten gelegter Kanzelsandstein in der Liebfrauenkirche, gemalte Totenschilde eines adligen Paares – auf die Spuren des Künstlers, dem die Philipp-Soldan-Stadt Frankenberg seit 2018 ihren Namen verdankt, stößt man an vielen Orten seiner Vaterstadt. Seit einigen Wochen präsentiert aber das völlig neu konzipierte Museum im Kloster Frankenberg das Werk des „Meisters Lipsen“, wie sich Philipp Soldan selbst nannte, in großer Vielfalt, darunter erstmals komplett alle 32 kunstvollen Balkenköpfe, die 1864 mit den Emporen aus dem gotischen Gotteshaus entfernt worden waren.
Der fröhlichste: ein kleiner, halbnackter Engel, der auf einem hölzernen Schriftband den Namen von „Philippus Soldan“ mit der Jahreszahl 1529 entrollt. Er ist in guter Gesellschaft mit bärtigen Männerköpfen, einem Hühnerpärchen, einem betenden Mönch und einem lächelnden Löwen. Das alles ist nun zu entdecken in dem nach zwei Jahren Umbau wieder vom Landkreis Waldeck-Frankenberg als Träger eröffneten Museum im Nordflügel des altehrwürdigen Zisterzienserinnenkloster St. Georgenberg, endlich gut zugänglich, übersichtlich arrangiert und beleuchtet.
Besucher können sogar ihre kunsthistorische Sehschärfe zu den Balkenkopf-Motiven mit einem Memory-Spiel prüfen. Das neugestaltete Museum bietet eine Vielzahl von Medien, Filmausschnitten und interaktiven Zugängen, Stadtgeschichte strahlt von großen Leuchttafeln.
Auch wenn sie noch nicht „in echt“ dasteht, Philipp Soldans achtsitzige Ratsherrenbank von 1513 aus dem Frankenberger Rathaus, so können Kinder hier sie doch schon mit ihren schönen Schnitzereien als Wandbild aus großen Puzzle-Teilen zusammensetzen. Alle Freunde des Museums im Kloster Frankenberg hoffen, dass das reich mit dem Stadtwappen verzierte Möbelstück aus dem Eigentum des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde eines Tages aus der Museumslandschaft Kassel an den Heimatort Philipp-Soldan-Stadt zurückkehrt. Auch das Universitätsmuseum Marburg hat zwei der ausgeliehenen Soldan-Balkenköpfe wieder nach Frankenberg zurückgegeben.
Als ein Kreis-Heimatmuseum war es einmal 1952 in Kreuzgang, Refektorium und Dormitorium des Klosters St. Georgenberg gegründet worden. Seit Jahrzehnten hatte man schon „Altertümer“ aus ländlichem Leben gesammelt. Wertvollste Schätze waren aber die vom Bildersturm des Landgrafen Moritz 1605 geretteten Steinfiguren des Bildhauers Thyle von Frankenberg, die Balkenköpfe und künstlerischen Ofenplatten des Meisters Soldan. Große Ausstellungen rückten den Bildhauer in jüngster Zeit immer mehr in den Mittelpunkt. Aus dem alten Förderverein wurde eine „Philipp-Soldan-Gesellschaft“.
Wer nun durch die verschiedenen Ebenen des Museums bummelt, begegnet den großen Humanisten der Frankenberger Blütezeit, darunter Wigand Gerstenberg oder Eobanus Hessus, erlebt in „Zeitfenstern“ Handel, Handwerk und Vereinsleben, darunter die Frankenberger Turnerfahne von 1848 oder den Nachlass einer Hutmacherin. Aber er erhält auch Einblicke in die NS-Zeit mit Tätern und Opfern, das Kriegsende 1945, die wilden „1968er“ oder den Kampf der Frankenberger Region gegen die atomare Wideraufarbeitung 1982 („Im Bürgersturm gescheitert“). Und zwischen allem gibt es im ehemaligen Dormitorium gemütliche Sitzecken zum Schauen und Ausruhen.
KARL-HERMANN VÖLKER
Wer war Philipp Soldan?
Um 1500 in Frankenberg geboren, entwickelte sich Philipp Soldan als spätgotischer Steinmetz, Holzschnitzer, Formschneider für Eisengussplatten, Baumeister und Maler zu einem weit über seine Heimatstadt hinaus bekannten Künstler. Angeregt wurde er vermutlich in der Werkstatt des Franziskanerklosters Meiterdorf. In nordhessischen Eisenhütten wurden aus seinen geschnitzten Holzmodeln Ofenplatten mit biblischen Motiven gegossen. Mit Kastenöfen als „Eiserne Bibeln“ auch in den Stuben von Menschen einfacher Herkunft wurde der Meister zum „hessischen Bildhauer der Reformation“. Zu seinen Kunstwerken am Übergang von der Gotik zur Renaissance gehören das Grabmal der Landgräfin Christine von Hessen in der Martinskirche Kassel (1550), der Philippstein im Kloster Haina (1542) und der Außenschmuck am Schloss Rommershausen (1549). zve
2025 WLZ 03. 01.