Gegenresolution von der Weser

Jahrestagung der Interessengemeinschaft Oberweser auf dem Edersee

Der Edersee im Oktober 2025. An der Sperrmauer täuscht die Idylle der leuchtenden Farben. Aller Voraussicht nach landet das Wasserwirtschaftsjahr 2025 auf Platz zehn der trockensten Jahre im Einzugsgebiet seit Bau der Talsperre. © Foto: Schuldt

Edersee Der Konflikt zwischen Weser- und Edersee-Anrainern spitzt sich zu. Die Weser-Region bereitet über vier Bundesländer hinweg eine Gegenresolution vor als Reaktion auf die Edersee-Resolution, mit der die heimische Region Änderungen der Bewirtschaftungsvorschriften gefordert hatte. Diese Entwicklung zeichnete sich bei der Jahreshauptversammlung der „Interessengemeinschaft Oberweser“ auf dem Edersee ab.

Auf einem nach seinen Worten „beeindruckend leeren Edersee“ eröffnete Vize-Vorsitzender Dr. Peter Könemann an Bord der „Stern von Waldeck“ die Sitzung. Könemann beschwor vor Vertretern von Weser und Edersee auf dem Fahrgastschiff das Bild von dem einen Boot, in dem beide Parteien angesichts der Wasserknappheit säßen.

Doch mit seinem Appell gelang es dem Geschäftsführer des Sand- und Kiesvertriebs Weser Porta Westfalica nicht, eine Debatte zu vermeiden, die geprägt war von den Interessengegensätzen. So forderte Thorsten Meyer, Prokurist der Personenschifffahrt Edersee, von den Kapitänen der „Flotte Weser“ niedrigere Geschwindigkeiten, um mit weniger Wasser im Fluss klarzukommen zwecks Schonung der Talsperre: „Ihr wollt immer unbedingt euren Fahrplan einhalten.“

Jörg Menze, Geschäftsführer der „Flotte Weser“, hielt dagegen: „Ihr fahrt doch jetzt noch. Bei uns geht seit August nichts mehr.“ Die Edersee-Fahrgastschiffe könnten sogar Atlantis-Reste als Sehenswürdigkeit ansteuern, unterstrich Menze. „Am Allerwertesten die Räuber …“, entgegnete Meyer verärgert.

Michael Schünemann, Landrat des westfälischen Kreises Holzminden, kritisierte die Edersee-Resolution und gab bekannt: „Es wird eine Reaktion des Weserbundes und der Landkreise an der Weser darauf geben.“ Eine Gegenresolution sei auf dem Weg.

Der Wirtschaftsverband Weser und der Weserbund stoßen sie an. Den beiden Vereinen gehören Unternehmen, Kommunen und Privatleute an. Geschäftsführer Thomas Voigt kündigt auf Anfrage eine baldige Pressemitteilung dazu an. Fünf Landkreise entlang der Weser wollen die Gegenresolution durch ihre Kreistage unterstützen lassen. Voigt benennt die abzusehende Kernforderung: „An der Betriebsvorschrift für den Edersee darf nichts geändert werden.“

Die Kreise entlang der Weser sowie Wirtschaft und Gesellschaft der Kommunen von vier Bundesländern am Fluss werfen damit ihr politisches Gewicht in die Waagschale gegen den Landkreis Waldeck-Frankenberg und die Edersee-Region. Vöhls Bürgermeister Karsten Kalhöfer verteidigte die Edersee-Resolution: „Die verschiedenen Interessen sind klar. Sie zu vereinigen, ist bislang nicht gelungen. Wir wollen aber gemeinsam mit Ihnen an der Weser darüber reden, welche Chancen es gibt, über kleine Stellschrauben was zu erreichen. Wir sind sicher: Da geht was.“

 „Triggerlinie bedroht Existenzen“

Sascha Wagener, Geschäftsführer bei AHE (Weserkies, Transportbeton, Betonwaren) erklärte das Nein der Weser-Region zur Triggerlinie für Sparbetrieb im Sommer: „Sie bedroht unsere Existenz.“ Gut einen Meter tief sei die Fahrrinne in der Oberweser, das Unternehmen auf Wassertransport angewiesen, weil die Betriebsgenehmigung das Verlagern auf Lkw nicht zulasse. Millioneninvestitionen habe das Unternehmen im Vertrauen auf die bestehende Rechtslage getätigt. Wer am Edersee investiert habe, habe dagegen das Risiko von vornherein gekannt, sagen Weser-Anlieger. SU

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Die Kulisse eines Trauerspiels für Wassersportfans bietet sich 2025, hier an der Bringhäuser Bucht. © Foto: Schuldt

Edersee Das Wasserwirtschaftsjahr 2025, das am 31. Oktober endet, wird das Jahr 2018 ablösen auf Platz zehn der trockensten Jahre seit Bau der Sperrmauer und in deren Einzugsgebiet. Das erwarten Henning Buchholz, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Weser, und Kai Sonntag, der für die Steuerung der Talsperre verantwortlich zeichnet. „Wir müssen uns vermehrt auf diese Art von Trockenheit einstellen“, unterstrich Buchholz. Früher sei der See im Lauf eines Wasserwirtschaftsjahres rechnerisch fünf bis sechs Mal pro Jahr durch Niederschläge voll gelaufen: „Heute geschieht das höchstens noch zwei Mal.“

Den Tourismus am Edersee bedroht der Wassermangel, wenn mitten in der Saison das Wasser fehlt für Baden, Wassersport & Co. und die Gäste deshalb ausbleiben, erklärten Klaus-Dieter Brandstetter (Waldecker Land) und Claus Günther (Edersee-Marketing) übereinstimmend. Die Firma AHE Weserkies baut ab, verarbeitet und vertreibt 700.000 bis 800.000 Tonnen des Rohstoffs pro Jahr, kann aber mangels Fläche nicht mehr als 120.000 Tonnen Vorrat auf einer Halde anlegen. Zu wenig Wasser in der Weser zum Hauptgeschäft der Baubranche im Sommer macht daher den Transport existenzgefährdend unwirtschaftlich. Das erläuterte Geschäftsführer Sascha Wagener den hessischen Landtagsabgeordneten Claudia Ravensburg (CDU) und Dr. Daniela Sommer (SPD) auf deren Nachfragen.

Was lässt sich herauskitzeln bei der Bewirtschaftung? Nicht allzu viel, ist WSA-Chef Buchholz überzeugt, aber: Der Wintersparbetrieb sei ein Hilfsmittel, um möglichst mit voller Talsperre in die Saison zu starten. Vielleicht könnte dieses Ziel vom 1. Mai auf den 1. April vorgezogen werden. Der Schlüssel für die dazu notwendige, veränderte Herangehensweise im Hochwasserschutzschutz liege beim Regierungspräsidium Kassel. Schließlich fällt weniger und weniger Schnee. Immerhin: Für eine bessere Beurteilung seien bald neue Zufluss-Berechnungsmodelle verfügbar, ergänzt Kai Sonntag vom WSA.

Beide Fachleute antworten auf Nachfrage außerdem, dass sich das Steuern der Talsperre im Sommer weiter verfeinern ließe zu Gunsten einer wirkungsvolleren Bewirtschaftung: durch deutlich mehr und modernere Messstellen an den Zuläufen und Ufern der Eder unterhalb der Sperrmauer und der Fulda. Zuständig dafür sei das Land Hessen. Thorsten Meyer brachte einen neu zu bauenden Vorstau von 2,5 bis 3 Millionen Kubikmetern an der Fulda ins Gespräch: „Das brächte einen Puffer und mehr Zeit bei der Steuerung des Edersees.“ Denn das WSA muss in der Reaktion auf Wetterprognosen im Moment 16 Stunden einberechnen, die das Wasser von der Sperrmauer bis zur Weser braucht. Buchholz zeigte sich skeptisch: „Der Bund macht für solche Investitionen das Drei- bis Vierfache an Wertschöpfung zur Bedingung.“ Die Wertschöpfung aus dem Tourismus am Edersee allein reicht dafür nicht aus. Doch wenn die Trockenheit künftig die Existenz auch von Baustofflieferanten an der Weser und weitere Wirtschaftszweige dort bedroht, ergibt sich unter Umständen eine andere Rechnung.
MATTHIAS SCHULDT

2025 WLZ 15. 10.