Es begann in der Stadt der Liebe
Das Ehepaar Rüsen feiert seine Diamantene Hochzeit in Höringhausen

Diamantene Hochzeit: „Aus dem Blitz in Paris ist längst ein dauerhaftes Licht geworden, die Liebe tiefer und inniger.“ Ingetraut und Jörn Rüsen blicken auf 60 gemeinsame Jahre zurück. © Foto: Barbara Liese
Höringhausen – Jörn und Ingetraut Rüsen blicken auf 60 Ehejahre voller Liebe, Glück und Vertrauen zurück. Er studierte im dritten Semester Geschichte, Philosophie, Literaturwissenschaft und Pädagogik an der Kölner Universität. Sie hatte gerade ihr Abitur bestanden und wollte Englisch und Geschichte in Mainz studieren. Beide saßen zufällig im gleichen Reisebus nach Paris.
„Ich habe sie gesehen und wusste, sie ist es und sie bleibt es“, erinnert sich Prof. Dr. Dr. h.c. Jörn Rüsen. „Mich hatte der Blitz getroffen. Für mich gab es keine Alternative“, so Jörn Rüsen. Ingetraut Rüsen war verliebt, aber doch etwas zurückhaltender.
Aufgewachsen in einem strengen, konservativen Elternhaus, wusste sie, niemals würden ihre Eltern einer Verbindung mit einem Studenten zustimmen. „Erst wenn er das Studium abgeschlossen und eine feste Anstellung hat, mit der er sein eigenes Geld verdient wollten sie ihre Zustimmung geben“, erzählt sie.
„Ich hatte während meines Studiums die Gelegenheit, ein Jahr in Amerika zu studieren. Als ich zurückkam haben wir uns verlobt“, berichtet Ingetraut Rüsen. Ihr zukünftiger Mann studierte weiter. Noch heute klingt er begeistert, wenn er davon erzählt. „Ich hatte so viel Spaß am Studieren. Ich hatte von Anfang an Stipendien der damaligen Studienstiftung des Deutschen Volkes und habe sorgenfrei Geschichte, Philosophie, deutsche Literatur und Pädagogik studiert“, sagt Jörn Rüsen.
Er habe das bis zum letzten Moment genossen und kam auf eine Studienzeit von 16 Semestern. „Ich wusste danach nicht nur viel über Geschichte und Philosophie, ich wusste auch, ich will Professor werden“, so Rüsen. Zunächst aber erhielt er eine Stelle als Referent der „Studienstiftung des Deutschen Volkes“ – endlich konnte geheiratet werden.
Für das junge Ehepaar begann eine aufregende und arbeitsreiche Zeit, geprägt durch Jörn Rüsens Karriere. Er hat schon sehr schnell nach seinem Studium in Köln promoviert. Es folgten Professuren in Köln, Berlin, Bochum und Bielefeld sowie Gastprofessuren im Ausland, wie Taiwan oder Südafrika. Seine Bücher und Aufsätze wurden in 21 Sprachen übersetzt.
Er war in fast vierzig Ländern der Welt unterwegs, um Vorträge zu halten oder an Konferenzen teilzunehmen und hatte viele andere Verpflichtungen. Immer an seiner Seite seine Frau Ingetraut.
„Sie hat mich immer unterstützt. Für mich und meine Arbeit hat sie auf ihre Karriere verzichtet“, sagt er und fügt lächelnd hinzu: „Außerdem hat sie unsere drei Jungs und mich sehr gut erzogen. Ich konnte immer in Ruhe an meinem Schreibtisch arbeiten. Wir sind gemeinsam zu Tagungen gefahren und vor allem hat sie meine Bücher und Schriften redigiert. Nichts ging aus dem Haus, ohne dass sie es gelesen hatte. Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen.“
Unterstützt hat sie ihren Mann auch auf langen Spaziergängen mit vielen Gesprächen über seine wissenschaftlichen Themen. Irgendwann begann sie zu malen, als Ausgleich zu den vielen theoretischen und trockenen Gedanken. Viele ihre Bilder schmückten als Buchcover die Bücher ihres Mannes.
Ungefähr achtmal seien sie umgezogen, meint Ingetraut Rüsen. Um es genau zu sagen, müsse sie erst genau nachzählen, aber das sei jetzt nicht mehr wichtig.
„Nachdem unsere drei Jungs geboren waren, war schnell klar, dass Städte nicht die Umgebung sein sollten, in der unsere Kinder aufwachsen. Wir begannen uns nach dem berühmten Haus im Grünen umzuschauen“, so Ingetraut Rüsen. So kamen sie 1976 durch Zufall nach Höringhausen und kauften dort ihr Wochenendparadies. Von da an verbrachten sie jedes Wochenende, jede Ferien und jeden Feiertag dort. Sie renovierten das Haus, pflanzten Bäume und Blumen. Sie erzählen begeistert, wie freundlich sie aufgenommen wurden, wie aufgeschlossen die Höringhäuser seien und von Nachbarn, die bis heute, inzwischen in der dritten Generation, immer hilfsbereit an ihrer Seite stehen würden.
Die Kinder fanden schnell und unkompliziert Freunde, waren immer unterwegs und erlebten viele kleine Abenteuer. Irgendwann als sie nach und nach ein Studium begannen, wurde es ruhiger im Haus, aber es war und ist noch immer der Mittelpunkt der Familie. Gemeinsam haben sie in den vergangenen 60 Jahren viel erlebt. Manchmal war der Weg auch steinig. Die Zeit in Höringhausen ist noch immer für sie eine Zeit, um zur Ruhe zukommen.
„Hier fühlt man sich wohl und zu Hause. Hier entspannen wir. Hier ist unsere Harmonie. Hier treffen wir uns alle immer wieder. Wir haben immer zusammengehalten. Uns haben Probleme und Schwierigkeiten immer noch mehr zusammengeschweißt. Wir können uns jetzt zurücklehnen und sagen: Es ist alles gut gelaufen“, betont Jörn Rüsen und ergänzt: „Aus dem Blitz in Paris ist längst ein dauerhaftes Licht geworden, die Liebe tiefer und inniger.“
„Wir wissen, dass wir mit unserer diamantenen Hochzeit ein großes Geschenk feiern. Mit unseren drei Söhnen und Schwiegertöchtern, mit acht Enkeln, die sich alle gut verstehen, ist es ein wunderbares Fest. Sie haben hier auch ihr kleines Paradies gefunden. Wir sind sehr dankbar, dass wir es gemeinsam feiern können“, ergänzt Ingetraut Rüsen.
Würde Jörn Rüsen ein Buch über seine Frau schreiben, so hätte es den Titel „In ewig verbunden“. Die Seiten würde er schnell füllen und das Cover wäre ein Bild, gemalt von seiner Frau. Morgen werden sie in der Kirche von Höringhausen noch einmal mit allen Nachbarn, Freunden und Pfarrerin Rita Schuppe-Naumann einen ganz besonderen Moment erleben.
BARBARA LIESE
2025 WLZ 09. 08.