Urwaldsteig Edersee ist 20 Jahre alt

Edersee – Zur Feier von 20 Jahren Urwaldsteig hat der Nationalpark Wanderungen in acht Etappen auf dem 66 Kilometer langen Wandersteig organisiert. Die Etappe sieben führt von Nieder-Werbe nach Waldeck. Die letzte Jubiläums-Etappe acht von Waldeck nach Hemfurth startet am Samstag, 18. Oktober, um 12 Uhr am Nationalpark-Eingang Schlossberg.

Der Urwaldsteig wurde am 23. April 2005, ein Jahr nach der Gründung des Nationalparks, in Nieder-Werbe mit einem großen Festprogramm eröffnet. Auf rund 70 Kilometern erschließt er das Reich der alten Buchen und die Edersee-Steilhänge mit ihren Urwaldresten im Norden, die 2020 dem Nationalpark zugeschlagen wurden.

Zum 116.000 Euro teuren Projekt steuerte das Land 50.000 Euro bei. 2005 erschien ein Wanderführer und 2006 wurde der Bildband „Urwaldsteig Ederseen“ vorgestellt. SJ

Seit 20 Jahren durch den Urwald steigen

Ranger Tobias Fleck führt zum Jahrestag durch Waldecks Hangschluchten

Seltene Flora und Fauna: Ranger Tobias Fleck und Christian Gerlach aus Nieder-Werbe erklären den Wanderern die Vegetation der Mühlecke. © Foto: Jörg Schüttler

Waldeck – „Wir haben sehr viel Abwechslung auf der Strecke. Es wird auf jeden Fall warm werden“, verspricht Ranger Tobias Fleck der rund 20-köpfigen Gruppe am Wanderparkplatz. Zur Feier von 20 Jahren Urwaldsteig hat der Nationalpark Wanderungen in acht Etappen auf dem 66 Kilometer langen Wandersteig organisiert. Die Etappe sieben führt von Nieder-Werbe nach Waldeck.

Hinter dem Schild „Einstieg Urwaldsteig“ am Vorstaubecken führt der Steig steil bergan durch einen bodensauren Buchenwald. „Die dominierende Baumart ist die Rotbuche. Sie verträgt den Schatten besser als die Eiche, die eine Lichtbaumart ist“, erklärt Fleck. Nach einem weiteren Anstieg erreichen die Wanderer den sonnigen Hang der Mühlecke. „Hier wurde der Wald nicht bewirtschaftet. Es war wegen der Steilhänge unattraktiv“, erklärt der Ranger. Daher sei die Rede von urwaldartigen Relikten – von denen es noch mehrere im Nationalpark gibt. An der Mühlecke wachsen flechtenreiche Eichen-Buchenwälder auf magerem Grund. Einige Eichen an den Nordhängen des Edersees könnten bis zu 1000 Jahre alt sein, erklärt Fleck.

Die hier vorkommende Rentierflechte ist von den heimischen Wäldern bis in die Tundra verbreitet. Flechten sind besondere Lebewesen: Als Doppelorganismen bestehen sie aus Pilz und Alge, die zusammen leben und gegenseitig voneinander profitieren – in „Symbiose“. Die Einseitswendige Rentierflechte von der Mühlecke wird in Deutschland als gefährdet und die Echte Rentierflechte als stark gefährdet eingestuft. „Rentierflechten können nur an ganz kargen Orten wie hier überleben“, verdeutlicht Fleck: „Der Standort hier hat sich seit der letzten Eiszeit nicht verändert.“ Er zeigt der Gruppe eine Tafel mit Urwaldreliktarten des Nationalparks wie dem Veilchenblauen Wurzelhalskäfer oder dem Eremit, der in den Mulmhöhlen alter Stämme lebt: „Wenn das Totholz verschwindet, stirbt der Käfer aus. Die Larven können sich nicht mehr entwickeln. Darum ist dieser Bereich des Nationalparks sehr schützenswert.“

Auf dem Weg bergab Richtung Fischegrund und Bärental dominieren wieder Buchenwälder. Der Ranger zeigt auf einen Buchenschleimrüpling, einen, wie er erklärt, „Charakterpilz“ für Buchenwälder, der vor allem an Buchentotholz wächst. Das Bärental, wo ein Hangschluchtwald gedeiht, überquert die Gruppe auf der Herzogbrücke. „Gerade die Salamander brauchen diese Täler“, erklärt Fleck. Die Larven leben drei Monate im Bach. Salamander, die bis zu 20 Jahre alt werden, sind einige der wenigen Lebewesen, die über eine seltene Regenerationsfähigkeit verfügen: Verlieren sie ein Körperteil, wächst es in mehr oder minder verkürzter Form nach. Gerade das Bärental mit seinem naturnahen Bach gilt als Hochburg der Salamander im Nationalpark.

Über den Jägerstieg geht es bergan zur Ratzeburg. Auf dem Weg krabbelt ein Moderkäfer, der überwiegend unter Totholz lebt. Am nördlicher gelegenen Katzenstein gedeihen Orchideenarten wie das Rote und Weiße Waldvöglein, die im Frühjahr blühen und viel Licht brauchen. Auch das streng geschützte Spatelblättrige Greiskraut, das ansonsten in Deutschland nur in den Alpen, am Ostrand des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb vorkommt, wächst hier. „Der Katzenstein ist eines der artenreichsten Naturschutzgebiete dieser Region“, erklärt Tobias Fleck, bevor die Tour kurz darauf am Ziel in Waldeck endet. JÖRG SCHÜTTLER

Auf 70 Kilometern durchs Buchenreich

Der Urwaldsteig wurde am 23. April 2005, ein Jahr nach der Gründung des Nationalparks, in Nieder-Werbe mit einem großen Festprogramm eröffnet. Auf rund 70 Kilometern erschließt er das Reich der alten Buchen und die Edersee-Steilhänge mit ihren Urwaldresten im Norden, die 2020 dem Nationalpark zugeschlagen wurden. Der damalige Umweltminister Wilhelm Dietzel lobte den Weg bei der Eröffnungsfeier „als einen der schönsten Wandersteige jenseits der Alpen“. Zum 116.000 Euro teuren steuerte das Land Hessen 50.000 Euro bei. Im September 2005 erschien ein Wanderführer im Taschenbuchformat und im Dezember 2006 wurde der Bildband „Urwaldsteig Edersee – Wildniszeiten“ mit außergewöhnlichen Naturaufnahmen und Geschichten vorgestellt.

Die letzte Jubiläums-Etappe acht von Waldeck nach Hemfurth startet am Samstag, 18. Oktober, um 12 Uhr am Nationalpark-Eingang Schlossberg.SJ

2025 WLZ 06. 10.