Streit mit Mistgabeln ausgetragen

Erlebnisse von Friedhelm Artz an Erntezeit vor 70 Jahren

Plausch in Sachsenhausen: Abendliches Beisammensein um 1965 auf der Bank vor Pfeifferlings Haus Wilhelm Knüppel Karl Fleck Friedrich Braune Hans Artz mit Enkelin Gabriele Heinrich und Emma. © FOTO: PR

Waldeck-SachsenhausenZum Jubiläum „777 Jahre Stadtrechte“ erzählte Friedhelm Artz (81) Erinnerungen an seine Kindheit in dem heutigen Waldecker Stadtteil. Zusammen mit seiner Ehefrau Renate und Enkelin Mara Knauf hat er seine Erlebnisse aus dem Sachsenhausen der 1940-er und 1950-er Jahre aufgeschrieben. Viele Episoden drehen sich um die Erntezeit.

Friedhelm Artz wurde am 10. Februar 1943 in der Wildunger Straße 3, früher Karl-Hartmanns Haus, in Sachsenhausen geboren. In seinen Kinder- und Jugendjahren bearbeiteten die Kleinbauern mit Kühen ihre Felder, deren Flächen nicht groß waren. Mit dem Ertrag der Ernte, die über den Winter reichen sollte, mussten alle sparsam umgehen. Deshalb wurden sogar die Feldwegränder abgehütet und abgemäht.

Wenn das Gras nach Hause gefahren wurde, fuhr man am Kornfeld vorbei. „Da die Kornhalme früher bedeutend höher waren, sah man vom Weitem keine Kuh, keinen Wagen, nur die Peitsche“, erinnert sich Artz mit einem Schmunzeln. Wenn von Grundstücksrändern anderer Bauern Gras abgemäht wurde, gab es schon mal Streitigkeiten. Da bedrohte man sich gelegentlich auch mit der Mistgabel, weiß Artz aus vergangenen Zeiten.

Früher hatte fast jeder Bauer noch einen Kleingarten neben dem Hof, um Gemüse und Salate für den Bedarf der Familie anzubauen. Es passierte oft, dass Nachbars Hühner über den Zaun flogen und das Gesäte und Gepflanzte durchscharrten.

Da die Hühner in der ganzen Nachbarschaft herumliefen, legten sie auch ihre Eier in anderen Scheunen. Obwohl manche Bauern junge Hühner hatten, waren sie erstaunt, warum keine Eier in den eigenen Nestern lagen. Ab und zu fehlte auch ein Huhn, und das löste dann mitunter einen Nachbarschaftsstreit aus.

Daher wurde beschlossen, die Hühner mit einer Klammer unter den Flügeln und einer Erkennungsmarke mit Zahlen zu kennzeichnen. So konnten die Hühner nicht mehr über das Eingezäunte fliegen, und die Eier irgendwo anders legen. Das beruhigte die Betroffenen. Und sollte doch ein Missgeschick passieren, konnten die Hühner dem Besitzer zugeordnet werden.

Auf den Feldern wurde damals viel mit der Sense gearbeitet. Bevor man aber richtig mit der Sense mähen konnte, wurde sie mit einem Wetzstein geschärft. „Wenn wir dann am späten Sommerabend vor dem Haus auf der Bank saßen, hörten wir bei verschiedenen Bauern, wie sie ihre Sense für den nächsten Tag mit den Dengelhammer klopften“, weiß der Sachsenhäuser noch aus eigenen Erinnerungen.

Artz fügt hinzu: „Das waren aber nicht die einzigen Geräusche, die wir an den Sommerabenden hören konnten, es gab auch noch in den Mauerwerken die Mauergrillen, die ordentlich zirpten.“
JÖRG SCHÜTTLER

2025 WLZ 27. 01.