Straßen, Leitungen, Kanäle im Paket

Stadt Waldeck will Tiefbau-Projekte künftig effektiver bündeln

Die Ortsdurchfahrt Netze: Sie soll nächstes Jahr saniert werden. © Foto: Schuldt

Waldeck Baustellen-Kiebitze kennen diesen Klassiker: Gefühlt wurde gerade erst eine Straße neu gemacht, da rücken die nächsten Bautrupps an und reißen sie wieder auf, um was zu verlegen. Das will Waldecks neuer Bürgermeister Nicolas Havel bei ansehenden Tiefbauprojekten in der Stadt Waldeck ändern. Alles nach Möglichkeit in einem Rutsch, lautet seine Devise zum Beispiel in Netze.

Die Ortsdurchfahrt Richtung Naumburg hat es seit Langem nötig, und die Sanierung dieses Abschnitts der Landesstraße 3215 stand 2025 auf dem Plan von Hessen-Mobil – eigentlich. „Doch wegen der Haushaltssperre wurde das Projekt auf 2026 verschoben“, bedauert Havel die Entscheidung seines früheren Arbeitgebers. Die Stadt Waldeck wolle die Zeit bis zum Start der Straßensanierung jedoch nutzen, um die angegriffenen Abwasserkanäle zu sanieren, die Hausanschlüsse und die Trinkwasserversorgung.

„Die Abwasserrohre werden im sogenannten Inlinerverfahren saniert“, erläutert Havel. Es eignet sich für Kanäle, die zwar schon viele Lecks aufweisen, aber noch nicht völlig marode sind. Die Technik, die seit einigen Jahren mehr und mehr Verbreitung findet, ermöglicht den Verzicht auf das Aufgraben der Straße. Das senkt deutlich die Kosten. Dabei wird eine flexible Harzmasse in die bestehenden Rohre gedrückt und wie ein Luftballonschlauch aufgeblasen. Dieser stopft von innen alle Löcher und härtet dann aus. „Das Prinzip ähnelt dem des Pannensprays, das man einsetzt, wenn der Fahrradreifen einen Platten hat“, erläutert der Bürgermeister.

Dem Kostenvorteil steht dabei ein Nachteil gegenüber, auf den so unterschiedliche Verbände wie der WWF (World Wildlife Fund) oder der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) seit Jahren verweisen: Der Abrieb aus den mit Harz ausgekleideten Rohren erhöht die Last an Mikroplastik, die zu den Kläranlagen gelangt. Schon heute filtern sie nicht alles aus, sodass die Kleinst-Kunststoffteile auch auf diesem Weg weiter in die Umwelt gelangen und die bekannten, mannigfaltigen Schäden anrichten. „Wir gehen davon aus, dass dieser Effekt aber erst im Lauf des Alterungsprozess der sanierten Rohre eintritt“, fügt Nicolas Havel hinzu.

Der Kostenvorteil gegenüber der offenen Bauweise gibt landauf, landab den Ausschlag für das Inlinerverfahren, da in vielen Kommunen, wie in Waldeck, gewaltige Investitionen in diesen und den nächsten Jahren im Wortsinn vergraben werden. An Ver- und Entsorgungsnetzen nagt der Zahn der Zeit so arg, dass Wasser und Abwasser in Mengen ins Erdreich sickern oder diese Gefahr zumindest eklatant wächst.

Für das Erneuern der Hausanschlüsse entlang der Netzer Ortsdurchfahrt und der Trinkwasserleitungen braucht es im weiteren Verlauf der Arbeiten offene Gräben, fügt der Bürgermeister hinzu. Diese Arbeit laufe parallel zur Sanierung der Straße. Das Projekt werde in mehreren Bauabschnitten abgewickelt. Anliegerversammlungen informieren zuvor über Details, etwa in welcher Weise Zu- und Abfahrten für Anwohner gewährleistet bleiben.

Weitere Straßenbauprojekte stehen in Selbach und Sachsenhausen an. Die Stadt Waldeck werde die Ortsdurchfahrt Selbach vom Kreis übernehmen, kündigt der Bürgermeister an. Die Stadt will die Straße dann nicht nur in einem Rutsch mit Kanälen und Leitungen sanieren, sondern die Leitungen des geplanten Selbacher Nahwärmenetzes und die Glasfaserleitungen für schnelles Internet ins Projekt integrieren. „Wobei wir die Straße nicht bis in größere Tiefe neu machen müssen. Sie hat sich über die Jahrzehnte gesetzt und ist wenig befahren“, erklärt Havel. Ein zu tiefes Eingreifen könnte mehr Schaden als Nutzen bringen.

Ein ähnlich umfassendes Konzept zieht er für den Warteweg in Betracht. Allerdings müssen hier noch erhebliche Vorarbeiten fürs Konzept geleistet werden, auch mit Blick auf das Eingrenzen der finanziellen Last für Anlieger.MATTHIAS SCHULDT

2025 WLZ 13. 06.