Mutmach-Party gegen Rechtsruck
Tausende demonstrierten am Samstag bei der Kundgebung vor dem Opernhaus
Gemeinsam gegen Rechts: Vor dem Opernhaus versammelten sich am Samstag Tausende, um für demokratische Werte einzustehen. © Foto: Dieter Schachtschneider
Kassel – Tausende waren am Samstagmittag auf den Kasseler Friedrichsplatz gekommen und zeigten Flagge gegen Rechts. Der Veranstalter, das Bündnis gegen Rechts, sprach von 9000 Teilnehmenden, die Polizei schätzte die Menge vor dem Opernhaus auf 7000 Menschen. Temperaturen um den Gefrierpunkt hielten die Protestierenden nicht davon ab, für ihre Werte auf die Straße zu gehen.
Bis mittags hatten Mitglieder der AfD noch Wahlkampf an der Oberen Königsstraße gemacht. Am Rande des Friedrichsplatzes verteilten sie Flyer und sprachen mit Passanten. Während der Kundgebung gegen Rechts hatten sie ihren Stand bereits abgebaut. Sonst hätten sie gehört, dass alle Redner übereinstimmend forderten, ein Zeichen für demokratische Werte und gegen Ausgrenzung zu setzen. Einer der Redner war Gewerkschafter Orry Mittenmayer. Er sagte, die Lage sei ernst, auch aufgrund der jüngsten Landtagswahlen, bei denen die AfD stark zugelegt habe. In Thüringen wurde sie stärkste Fraktion.
„Haben wir verloren? Ziehen wir uns zurück“, fragte er die Menge. „Nein“ rief die zurück und johlte. „Wir überlassen unsere Demokratie nicht den Rechtsextremisten. Die haben ihre Rechnung ohne Kassel gemacht.“ Auch das wurde von der Menge bejubelt. Die Rechtsextremen wollten eine demokratie- und verfassungsfeindlichen Politik, auch gegen Frauen und Minderheiten machen, „das müssen wir entschlossen bekämpfen“, sagte Orry Mittenmayer.
Viele Menschen demonstrierten ihre Haltung auch auf Plakaten: „Menschenrechte statt rechte Menschen“, „Null Bock auf Nazis“, „Mehr Wunderland, weniger Alice“ und „Wir sind Ausländer – fast überall“ war dort zu lesen. Hagen Langhuth aus Kassel hatte mit Freunden das Kasseler Wahrzeichen auf ein großes weißes Tuch gezeichnet: Darauf standen drei Worte: „Herkules ist Grieche“. Von je her würden verschiedene Kulturen voneinander profitieren. „Wenn AfDler Patrioten sein wollen: Wie können sie dann vergessen, dass Herkules ein Grieche war“, fragte Hagen Langhuth. Die AfDler seien Feinde der Demokratie, „und nur in ihr können sich Minderheiten sicher fühlen.“ Als schwuler Mann zähle er in ihren Augen zu einer Minderheit, sagte er.
Besonders Athanasios Michailidis, 52, freute sich über das Herkules-Plakat. „Weil ich Grieche bin“, sagte er und bat um ein Foto. Seit 20 Jahren lebt er in Kassel, 2005 war er aus Bremen in die Stadt mit dem Griechen als Wahrzeichen gezogen. Die Teilnahme an der Demo war für ihn selbstverständlich, aufgrund des Rechtsrucks in der Gesellschaft und weil die Migrationspolitik Thema sei.
Nach den Reden gingen die Teilnehmer in einem langen Zug in Richtung Altmarkt und Stern. Dabei kam es zu Verkehrsbehinderungen, teilte die Polizei mit, die mit vielen Einsatzkräften vor Ort war. Aus polizeilicher Sicht verlief die Kundgebung insgesamt ruhig. Für Lärm sorgten auch Trommler, die den Demozug mit ihren Instrumenten rhythmisch begleiteten.
Das Fazit des Bündnisses gegen Rechts fällt positiv aus: „Wir hoffen, dass die Demo noch vielen weiteren Menschen Mut macht, aktiv zu werden für die menschliche, solidarische und vielfältige Gesellschaft, die sie sich wünschen. Jetzt vor der Bundestagswahl – und darüber hinaus.“ Zum Bündnis gegen Rechts gehören folgende Organisationen aus Kassel und der Region: Kassel gegen Rechts, Omas gegen Rechts, Deutscher Gewerkschaftsbund, Seebrücke, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Arbeitskreis Down-Syndrom. Das nächste offene Treffen von Kassel gegen Rechts findet am 28. Januar, 19 Uhr, im Kulturzentrum Schlachthof statt.
CLAUDIA FESER
2025 WLZ 20. 01.