Mobile Retter starten: Leben retten per App
Waldeck-Frankenberg – Bei einem medizinischen Notfall zählt jede Sekunde – das weiß jeder, der schon mal in einer brenzligen Situation war. Oft dauert es wertvolle Minuten, bis der Rettungsdienst eintrifft. Hier setzt das Projekt „Mobile Retter“ an: Ehrenamtliche Ersthelfende, die sich in der Nähe eines Notfalls befinden, werden per Smartphone-App alarmiert und können direkt mit lebensrettenden Maßnahmen beginnen. Jetzt ist das System auch im Landkreis Waldeck-Frankenberg verfügbar. Das Prinzip ist einfach und effektiv: Sobald in der Leitstelle Waldeck-Frankenberg ein Notruf mit der Meldung „Herz-Kreislauf-Stillstand“ oder „Bewusstlosigkeit“ eingeht, werden registrierte Mobile Retter automatisch alarmiert – und das parallel zum Rettungsdienst. Die Alarmierung läuft über eine App, die genau überprüft, welche Helfenden sich in der Nähe befinden.
LB
Wenn jede Sekunde zählt
Projekt Mobile Retter in Waldeck-Frankenberg gestartet
Starten das Projekt „Mobile Retter“: (von links) Die Ersthelfer MarcSo Amert, Bianca Mühlberger-Schröder und Florian Dierichs sowie Erster Kreisbeigeordnter Karl-Friedrich Frese, Landrat Jürgen van der Horst, Fabienne Milke von Mobile Retter, Rudolf Alexi, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, Koordinatorin Violeta Ramadani und Gerhard Biederbick, Leiter des Fachdienstes Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz. © Foto: Lutz Benseler
Waldeck-Frankenberg – Bei Herzinfarkt und Schlaganfall geht es um Sekunden: Das Projekt „Mobile Retter“ könnte in Waldeck-Frankenberg die Einsatzzeit von Rettungskräften deutlich reduzieren.
Jedes Jahr erleiden in Deutschland etwa eine halbe Million Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Nur etwa zehn Prozent von ihnen überleben, weil Wiederbelebungsmaßnahmen erst nach Eintreffen des Rettungsdienstes eingeleitet werden können – manchmal nicht rechtzeitig genug. Bundesweit dauert es durchschnittlich neun Minuten, bis ein Rettungswagen am Notfallort eintrifft. Gerade in einem Flächen-Landkreis wie Waldeck-Frankenberg nimmt die Anfahrt von Krankenwagen (KTW), Rettungswagen (RTW) und Notarzt aber eben seine Zeit in Anspruch insbesondere, wenn die Fahrzeuge einer nah gelegenen Rettungswache schon in einem anderen Einsatz sind. „Da brauchen wir kluge Antworten“, sagt Landrat Jürgen van der Horst.
Eine der Antworten soll das Projekt „Mobile Retter“ sein. Die Idee: Männer und Frauen mit medizinischem Hintergrund dergestalt weiterzubilden und auszustatten, dass sie als Ersthelfer zeitlich vor den Rettungsdiensten am Notfallort sein können.
Mit GPS Retter in der Nähe finden
Sie sind in ihrer Freizeit oder beruflich in vielen Teilen des Landkreises unterwegs. Geht ein Notruf über die 112 in der Rettungsleitstelle in Korbach ein, kann der Disponent anhand der GPS-Daten erkennen, ob sich mobile Retter in der Nähe befinden. Ist dies der Fall, werden diese zeitgleich mit dem Rettungsdienst über eine Smartphone-App alarmiert. Sie erhalten die Notfalldaten und werden zum Einsatzort navigiert. Die Mobilen Retter sind allein durch ihre örtliche Nähe nach durchschnittlich 4,5 Minuten am Notfallort und können bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes bereits entscheidende lebensrettende Maßnahmen einleiten. „Mit dieser innovativen Lösung erweitern wir unsere Rettungskette erheblich“, sagt van der Horst. Auch Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese ist überzeugt: „Die Mobilen Retter leisten einen unschätzbaren Beitrag. Sie überbrücken die therapiefreie Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes.“ Letzteren sollen die Ehrenamtlichen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, betont Fabienne Milke vom Verein Mobile Retter: „Es geht darum, schneller vor Ort zu sein und die Überlebensrate.
Mobilen Retter leisten einen unschätzbaren Beitrag. Sie überbrücken die therapiefreie Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes.“ Letzteren sollen die Ehrenamtlichen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, betont Fabienne Milke vom Verein Mobile Retter: „Es geht darum, schneller vor Ort zu sein und die Überlebensrate zu verbessern.“
„Allein im vergangenen Jahr hatten wir in Waldeck-Frankenberg 185 Herz-Kreislauf-Stillstände“, sagt Notarzt Rudolf Alexi, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Landkreis. „Da können wir mit dem Projekt bedeutsame Minuten gewinnen.“
Knapp 120 Ersthelfer beim Start dabei
Das Projekt in Waldeck-Frankenberg ist in dieser Woche mit knapp 120 qualifizierten mobilen Ersthelferinnen und Ersthelfern an den Start gegangen – aber da geht noch mehr, meint Gerhard Biederbick. Der Leiter des Fachdienstes Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz, hat ein ambitioniertes Ziel: „Wir wollen auf mindestens 300 Mobile Retter kommen.“ Künftig soll die App auch einen dritten Mobilen Retter alarmieren, der erst zu einem öffentlich angebrachten Defibrillator und danach an den Einsatzort navigiert wird.
Wer mitmachen möchte, muss sich lediglich die App „Mobile Retter“ herunterladen, registrieren und an einem kostenlosen Training teilnehmen. Voraussetzungen: medizinische oder rettungsdienstliche Ausbildung, mindestens 18 Jahre alt und Lust auf sinnvolles Ehrenamt. „Je mehr Leute wir alarmieren können, desto besser läuft das System“, sagt Erster Kreisbeigeordneter Frese.
In Waldeck-Frankenberg wird das Projekt nicht nur technisch und organisatorisch unterstützt, sondern auch wissenschaftlich begleitet. Alle Infos und Details zur Registrierung finden Interessierte unter www.mobileretter.org/kb.
LUTZ BENSELER
Minuten, die Leben retten
Ob Herzstillstand oder Bewusstlosigkeit – die Mobilen Retter schaffen es oft, noch vor dem Rettungsdienst vor Ort zu sein. Das System „Mobile Retter“ wurde 2013 von Prof. Dr. Dr. Ralf Stroop entwickelt. Nach einem persönlichen Erlebnis stellte er fest, wie wertvoll es wäre, nahegelegene Helferinnen und Helfer in Notfällen gezielt zu informieren. Heute wird das System in mehr als 40 Regionen deutschlandweit eingesetzt – auch im benachbarten Hochsauerlandkreis.
LB