Leben für Geschichte und Toleranz

Ehrenbrief des Landes Hessen für Marion und Georg Lilienthal

Ehrung im Korbacher Rathaus: (vorne, von links) Bürgermeister Klaus Friedrich, Dr. Marion und Georg Lilienthal feiern gemeinsam mit Mitstreitern, Unterstützern und Freunden die Verleihung der Ehrenbriefe des Landes Hessen. © Foto: Barbara Liese

Korbach – „Die heutige Ehrung ist schon etwas Besondere. Alles im Doppelpack. Gleich zwei Ehrenbriefe, zwei Geschichtswissenschaftler, zwei Doktoren. Und beide, als Ehepaar unschlagbar.“ Für Bürgermeister Klaus Friedrich war die Feierstunde zur Verleihung der Ehrenbriefe an Dr. Marion und Dr. Georg Lilienthal gestern im Korbacher Rathaus auch ein Treffen mit Freunden.

Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich Dr. Marion Lilienthal als Historikerin, Pädagogin und Vermittlerin mit der historischen Aufarbeitung der Regionalgeschichte in Waldeck-Frankenberg und der Region Kassel. Mit zahlreichen Publikationen, Vorträgen Lesungen, Ausstellungen, Gedenkveranstaltungen, mit Online-Portalen, Aufsätzen, Hörbüchern, Audioguides Zeitungs- und wissenschaftlichen Artikeln hat sie die Erinnerungskultur an die Zeit des Nationalsozialismus weit über die Grenzen der Region hinaus geprägt.

Seit vielen Jahren ist sie Ansprechpartnerin emigrierter jüdischer Familien weltweit. Ein Engagement, dass sie vor allem als Beitrag zur Versöhnung und Völkerverständigung sieht. Ein wichtiges Anliegen ist ihr auch die Demokratie- und Toleranzerziehung.

Mit mehr als 130 Publikationen und Aufsätzen widmet sich Ihr Mann, Dr. Georg Lilienthal, als Medizinhistoriker um die Aufarbeitung der NS-Geschichte. Große Beachtung fand unter anderem schon seine Doktorarbeit aus dem Jahr 1982: „Der ‘Lebensborn‘, ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik“. Sie erschien als wegweisende Publikation 2008 im Fischer Verlag.

15 Jahre lang war er Leiter der Gedenkstätte Hadamar, die an die Verfolgten der nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘ erinnert, arbeitete gleichzeitig am medizinhistorischen Institut der Universität Main und Gründungsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Hessen. Seine Publikationen, Auszeichnungen, Berufungen, Mitgliedschaften und sein wissenschaftliches Engagement fanden nicht nur in Deutschland Anerkennung. Dr. Georg Lilienthals Engagement wurde und wird bis heute auch in vielen Ländern Europas, in Israel und den USA geschätzt und beachtet.

Tätern und Opfern ein Gesicht geben

Dem Ehepaar Lilienthal, mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Schwerpunkten, gelinge es, Tätern und Opfern wieder ein Gesicht zu geben und damit der regionalen Geschichte eine andere Dimension, sagte Klaus Friedrich: „Bodenständigkeit, ohne sich der weiten Welt zu verschließen, Traditionsbewusstsein, ohne sich neuen Entwicklungen entgegenzustellen, extremer Fleiß, mit großer Schaffensfreude beseelt“, das seien, so der Bürgermeister, die Werte, die die beiden Geehrten auszeichneten.

Sein Dank galt auch allen, die seit vielen Jahren Dr. Marion und Georg Lilienthal begleiten und ihnen nahestehen. „Eine solche Ehrung steht nun mal nicht luftleeren Raum, sondern immer interaktiv mit Menschen und Organisationen.“ So waren sich Mitstreiter und Wegbegleiter einig: Längst sind aus den gemeinsamen geschichtlichen und politischen Interessen tiefe Freundschaften gewachsen. Freundschaften, die schon Jahrzehnte überstanden und bis heute fest verwurzelt sind im waldeckischen Gemeinschaftssinn.
BARBARA LIESE