Keine Einigkeit im Streit um das Rotwild

Waldbesitzer im Kellerwald sorgen sich weiterhin um ihre Bäume

Rege Diskussion: Viele Interessierte waren nach Niederurff gekommen, um über den Rotwildbestand zu sprechen. Martin Häusling (am Mikro) forderte, mehr für den Waldbestand zu unternehmen. © Foto: Silvia Kleps

Waldeck-FrankenbergDas Rotwild im regionalen Wald, gerade im Burgwald-Kellerwald und dem Nationalpark Kellerwald-Edersee, sorgt seit Jahren für Diskussionen. Zwischen Waldbesitzern und Jägern hat der zunehmende Tierbestand zu verhärteten Fronten geführt, Auslöser sind die Schäl- und Verbissschäden, etwa an Buchen und Fichten. Helfen könne lediglich eine Reduzierung der Rotwildpopulation, weshalb eine höhere Bejagung gefordert wird.

Um die verhärteten Fronten aufzulösen, hatte die Schutzgemeinschaft Hoher Kellerwald am Freitag zum Diskussionsabend ins Dorfgemeinschaftshaus Niederurff eingeladen, um zu vermitteln und für alle Parteien eine zufriedenstellende Lösung zu finden. „Unser Anliegen ist es, den Wald zu schützen“, sagte Vereinsvorsitzende Eva Raabe, die sich über das große Interesse freute.

Eingeladen waren Experten, die über ihre Arbeit informierten und Betroffene – darunter Privatwaldbesitzer und Waldinteressenten. Für Hessenforst waren Stefan Wirxel, Forstamtsleiter Jesberg, und Dr. Katharina Westekemper vor Ort. Die Biologin stellte die neuesten Zahlen bezüglich des Rotwildbestandes vor, ermittelt aus den Ergebnissen mehrerer luftgestützter Wildbeobachtungen im März 2024, die von der Behörde in Auftrag gegeben worden waren. Als Leiterin der wildbiologischen Forschungsstelle gab sie einen Einblick zu dieser Befliegung durch Pilot Ulrich Franke von Wildlife Monitoring.

Zum Einsatz gekommen sei in diesem Fall ein Ultraleichtflugzeug, ausgestattet mit einer Wärmebild- und einer Sichtbar-Kamera. „Die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist abhängig von der Walddichte. Wenn die Tiere sich unter eine Fichte gekuschelt haben, sind sie raus“, berichtete sie von Gegebenheiten, die eine Datenerfassung durch die Kameralinse erschwerten. Der Flug in 400 Meter Höhe störe das Wild nicht und ermögliche eine standardisierte Untersuchung. „Dennoch ist es immer eine Momentaufnahme, jetzt zur Brunftzeit sieht es bestimmt anders aus“, erläuterte Westekemper.

Die Auswertung zeige für den Nationalpark Kellerwald-Edersee eine Rotwilddichte von vier bis fünf und eine Dammwilddichte von fünf bis sechs Tieren je 100 Hektar Untersuchungsgebiet. Für die untersuchten etwa 5700 Hektar konnten demnach im Frühjahr 2024 228 bis 285 Stück Rotwild und 285 bis 342 Stück Dammwild ermittelt werden. Aufgefallen sei im Vergleich mit Untersuchungen vorangegangener Jahre, dass sich die Bestandsgrößen nicht gravierend verändert hätten. „Es entsteht eher der Eindruck, dass der Bestand leicht sinkt“, sagte Westekemper.

Aus den Reihen der Zuhörer kam in der folgenden Debatte auch Heinrich Haupt, ehemaliger Bürgermeister und Vorsitzender der Waldinteressenten Bad Zwesten, zu Wort: „Das Hauptproblem liegt im Gebiet Hoher Keller und Zwester Keller“, meinte er. „Dort haben wir exorbitante Schäden an den Bäumen und damit am Vermögen, die Erhöhung der Abschussrate wurde bewilligt, aber nicht erreicht“, sagte er und forderte 80 Prozent weniger Rotwildbestand. Für diese Aussagen erntete er großen Applaus der zahlreichen Besucher.

Als Vorsitzender der Rotwild Hegegemeinschaft Burgwald-Kellerwald erläuterte Tobias Rönitz die jagdlichen Schalenwildrichtlinien für die Abschussquoten, und betonte, dass die Jäger ihrem Auftrag gerecht würden. „Die hohen Abschüsse, die hier getätigt werden, müssen auch erstmal geleistet werden.“ Auch Rönitz bekam für seine Aussagen großen Applaus. Ein Konsens konnte an diesem Abend nicht gefunden werden, es blieb die Befürchtung der Waldbesitzer, weiterhin mit hohem Aufwand und Investitionen die Bäume durch Vergatterung schützen zu müssen.

SILVIA KLEPS

2025 WLZ 10. 10. Okt. 2025