Feuer in Mietshaus gelegt

Brandstiftung in Höringhausen: 2,5 Jahre Haft für 48-Jährigen

Die angerückte Feuerwehr sah nicht genügend Zeit, um auf die Drehleiter zu warten und rettete die Familie mit einer Ausziehleiter aus dem Dachgeschoss. Auch wenn niemand körperlich verletzt wurde, ging die Brandstiftung nicht ohne Spuren an den Bewohnern vorbei: Monatelang hatten die Kinder Albträume, berichtete die Mutter. Ihr Sohn schreie, sobald er Martinshörner höre, ihre Tochter habe nun Angst vor Feuer. Der Schaden am Haus beläuft sich auf mehr als 80 000 Euro. Die Wohnung ist noch nicht wieder benutzbar, berichtete der Vermieter. Das Treppenhaus wurde zwar gereinigt, muss aber erneuert werden. Der Keller musste nach den Löscharbeiten ausgepumpt werden. Trotz ungewöhnlichen Verhaltens des Angeklagten rund um die Tat: Verminderte Steuerungsfähigkeit sah das Gericht nicht. WF

Angeklagter gesteht umfassend

Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht sein Geständnis. Er zeige aufrichtige Reue und bat schon vor der Verhandlung schriftlich um Entschuldigung, was er im Prozess wiederholte. Derweil ist er mehrfach vorbestraft – wenn auch nicht einschlägig und bisher immer nur zu Geldstrafen. Angesichts des Schadens und der psychischen Beeinträchtigung der kleinen Kinder sei derweil nicht von einem minderschweren Fall auszugehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
WF

Einzug in Kirche und viel „wirres Zeug“

48-Jähriger nach Brandstiftung in Höringhausen verurteilt

Über Schiebleitern retteten die Feuerwehrleute nach der Brandstiftung Menschen. © ArchivFoto: pr

Waldeck-HöringhausenIm Prozess um Brandstiftung in Höringhausen folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Der 48-Jährige wurde zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Die Verteidigung hatte kein konkretes Strafmaß vorgeschlagen, aber angemerkt, dass verminderte Steuerungsfähigkeit bei der Tat nicht auszuschießen sei. Dem folgte das Gericht letztlich nicht.

Dabei begann die Verhandlung ungewohnt: Bei der Frage nach seiner Staatsangehörigkeit bestand der Angeklagte darauf, Bayer zu sein. Auch war er unter verschiedenen Vor- und Nachnamen bekannt, was schon bei seinen Nachbarn Verwirrung auslöste. Er habe viel „wirres Zeug“ geredet.
Als „gut und professionell“ beschrieb sein Vermieter das anfängliche Verhältnis: Er engagierte ihn für handwerkliche Arbeiten. Irgendwann schickte der Angeklagte die Rechnung nicht mehr mit dem Namen seines Kleingewerbes, sondern als „Der Mann ohne Namen.“ Bald darauf blieb die Miete aus.
Karsamstag legte er Feuer. Danach fuhr er mit dem Fahrrad nach Korbach: „Irgendwann gingen die Lichter aus“, berichte der Angeklagte. Er landete in der Nikolaikirche, woran er sich nur bruchstückhaft erinnerte – vielleicht sei er gestürzt oder geschlagen worden. Er sei später in einem „weißen Nachthemd“ aufgewacht, seine Kleidung lag im Gang – laut Polizei verbunden mit goldfarbenem Basteldraht. Dem Pfarrer hat er demnach erzählt, in der Kirche wohnen zu wollen, ähnliche Einträge finden sich im Kirchenbuch – mal mit eigenem Namen, mal als „Christoph Columbus“. Später wurde er im Krankenhaus behandelt: „Mir fehlt der ganze Tag.“
Obdachlos verbrachte er die nächsten Tage. Festgenommen wurde eram 11. April in einem Korbacher Keller, in dem er sich wohnlich einrichten wollte, wie die Polizei mitteilte.
Der Vermieter stieß nach dem Brand auf eine Überraschung: Die Internetseite seiner Gaststätte war gehackt worden. Die Handynummer des Angeklagten wurde dort angegeben, er nahm wohl Tischreservierungen an. Ostern wurde das Lokal dann von viel mehr Gästen besucht, als es unterbringen konnte. Der Angeklagte erklärte dazu vor Gericht, er wisse nichts vom Hacken des Internetauftritts und habe sich selbst gewundert, als er Anrufe bekam.
Wie es weiter gehen soll, wollte Richter Robert Winter wissen. Der Angeklagte will eine Therapie in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie absolvieren und im Gefängnis eine Ausbildung ablegen. Vor langer Zeit brachte er einen Alkoholentzug hinter sich, nach einem Rückfall vor neun Jahren habe er keine Probleme mehr gehabt.
Ob er sich bei der Brandstiftung Gedanken um die anderen Bewohner des Hauses gemacht habe, wollte die Staatsanwaltschaft wissen. Zuerst sagte der Angeklagte aus, nicht darüber nachgedacht zu haben. Auf Nachfragen schilderte er sein Vorgehen planvoller: Er habe die Fenster geschlossen, damit das Feuer erlösche, sobald der Sauerstoff aufgebraucht ist. Und er habe geschaut, ob anderswo noch Licht brennt: „Ich kenne die Leute ja alle“. Da eine Familie mit Kindern im Haus lebte, reiche das nicht, erklärte der Richter: „Da müssen Sie mit rechnen, dass jemand zu Hause ist.“
Am Ende sah das Gericht keine Anhaltspunkte, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten vermindert sei. Die Episode in der Kirche könne mit einem Sturz zusammenhängen, hielt Robert Winter fest. Ansonsten gelte: „Wirres Zeug zu reden ist kein Ansatz, um verminderte Steuerungsfähigkeit festzustellen – dann hätten viele Menschen in Deutschland verminderte Steuerungsfähigkeit.“
WILHELM FIGGE

2024 WLZ 11. 12.