Trauer um Fürst Waldeck

Oberhaupt des Hauses Waldeck mit 88 Jahren gestorben

Die Familienflagge des Hauses Waldeck weht auf halbmast über dem Arolser Residenzschloss als Zeichen der Trauer über den Tod von Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont. © Foto: Elmar Schulten

Bad ArolsenDas Waldecker Land trauert um Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont, der in der Nacht zum Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Fürst Wittekind genoss hohes Ansehen im Waldecker Land und in der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Geboren wurde Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont 1936 im sogenannten neuen Schloss, heute Schön-Klinik an der Großen Allee. Der einzige Sohn von Erbprinz Josias zu Waldeck und Pyrmont und Altburg Herzogin von Oldenburg ist als Erbprinz des Doppelfürstentums Waldeck und Pyrmont erzogen worden, obwohl dies mit der vom Kasseler Arbeiter- und Soldatenrat erzwungenen Abdankung von Fürst Friedrich längst abgeschafft war. 1956 legte Prinz Wittekind seine Abitur-Prüfung an der Christian-Rauch-Schule ab. Das Studium der Betriebswirtschaft schloss er mit einer Diplomarbeit über ein forstwirtschaftliches Thema. Schließlich war dem jungen Mann schon in die Wiege gelegt, dass er einmal einen großen Waldbesitz verwalten würde. Zum Wald gehört das Wild. So lag es nahe, dass Fürst Wittekind als passionierter Jäger auch der Waldeckischen Jägerschaft angehörte. Vielseitig sportlich begabt, brachte er es als Jugendlicher zur hessischen Meisterschaft im Springreiten.

Als Pistolen- und Tontaubenschütze sammelte er zahlreiche sportliche Trophäen und Meistertitel. Viele Jahre war er eine wertvolle sportliche Stütze im Bad Arolser Tennisteam. Geschätztes Mitglied war der Sportwagenfan auch bis ins hohe Alter im Arolser Reit- und Fahrverein, im Schützenverein und bei der DLRG. Außerdem war er Schutzherr der historischen Schützengemeinschaft Waldecks.

Die Erinnerung an die große Fürstenhochzeit 1988 lässt ältere Arolser auch Jahrzehnte später noch in Verzückung geraten: Es war ein prächtiges Fest im Schloss und viele hundert Zuschauer verfolgten den Weg der offenen Kutsche mit dem Brautpaar von der Stadtkirche zum Residenzschloss. Fürstin Cecilia stammt aus der Steiermark. Eine enge verwandtschaftliche Beziehung besteht zwischen dem Waldecker Fürstenhaus und der niederländischen Krone durch die Ehe der waldeckischen Prinzessin Emma mit dem niederländischen König Willem III. im Jahr 1879. Das war auch der Grund, warum König Beatrix der Niederlande 2008 zur Emma-Ausstellung nach Bad Arolsen reiste.
ELMAR SCHULTEN

Die Trauerfeierlichkeiten

Die Mitglieder der Fürstlichen Familie werden nach alter Tradition im Fürstlichen Erbbegräbnis, einer Gruft im Rhoder Schlossberg, beigesetzt. Für Fürst Wittekind ist nach jetzigem Stand ein Trauergottesdienst am Sonntag um 11.30 Uhr in der Schlosskapelle geplant. Auf dem Schlosshof werden die Kanonengruppen der Historischen Schützengemeinschaft Waldeck einen letzten Salut böllern. Danach fährt die Trauergesellschaft mit Bussen nach Rhoden, wo sich der Trauerzug vor der Stadtkirche aufstellt und dann zum Erbbegräbnis zieht.

Große Wertschätzung erfahren

Fürst Waldeck war traditionsbewusst – Einsatz für Nachhaltigkeit im Wald

Familienbesuch: Königin Beatrix der Niederlande war 2008 zu Besuch im Arolser Schloss bei ihrem Cousin Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont. © Fotos: Elmar Schulten

Bad ArolsenSchwarz-Rot-Gold mit Familienwappen: Das ist die Fahne des Fürstlichen Hauses Waldeck. Sie weht seit gestern auf halbmast über dem Schloss. Die Nachricht vom Tod des Familienoberhauptes Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont verbreitete sich am Montag wie ein Lauffeuer in der Stadt.
Fürst Waldeck war beliebt in Bad Arolsen wie im ganzen Waldecker Land. Vor allem bei Schützenfesten wurde er immer wieder gebeten, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Und er tat es gern, war sich der historischen Zusammenhänge zwischen Schützenwesen und Fürstenhaus wohl bewusst.
In den vergangenen Jahren hatte man Fürst Wittekind nur noch selten gesehen. Nach einem Schlaganfall war er auf den Rollstuhl und auf Hilfe angewiesen. Sein letzter Auftritt in der Öffentlichkeit war im Juni dieses Jahres der Empfang von berittenen Boten der Schützengesellschaft Mengeringhausen im Schlosshof. Sie überbrachten Fürst Wittekind und seinen drei Söhnen Carl Anton, Johannes und Josias die Einladung zum Königsschießen. Zum Dank ließ der Schutzherr der Historischen Schützengemeinschaft Waldeck einen Bügeltrunk reichen.
Vor Jahren schon hatte Fürst Waldeck damit begonnen, die meisten seiner überörtlichen Funktionen in jüngere Hände zu legen. Auch die Führung der Familienstiftung und der Fürstlichen Hauptverwaltung gab er 2016 in die Verantwortung seines ältesten Sohnes, Prinz Carl Anton. Mit dem Vorsitz der Fürstlichen Stiftung des Hauses Waldeck und Pyrmont verbunden ist die Verantwortung für den Erhalt des Schlosses und anderer Besitztümer.
Seitdem hat Prinz Carl Anton die Entscheidungsbefugnis für die Fürstliche Hauptverwaltung mit 3300 Hektar Wald inne. Fürst Wittekind hatte seit dem Tod seines Vaters 1967 fast 50 Jahre lang Vorsitz und Verantwortung für die Familienstiftung.
Das Recht, im Residenzschloss wohnen zu dürfen, ist für die Fürstliche Familie Privileg und Verpflichtung in mehrfacher Hinsicht. Das vor 300 Jahren errichtete Kulturdenkmal steht im Eigentum der Waldeckischen Domanialverwaltung. Der fürstlichen Familie wurde 1918 mit dem Waldecker Fürstenvergleich das „Nießbrauchrecht im Mannesstamme“ zugesichert.
Die Bauunterhaltung teilen sich seitdem die Domanialverwaltung und die Rechtsnachfolger des ehemaligen Doppelfürstentums Waldeck und Pyrmont, die Bundesländer Hessen und Niedersachsen sowie die Stadt Bad Pyrmont. Diese ungewöhnliche Regelung wurde 1989 auch vom Bundesgerichtshof als rechtens bestätigt. Für den Chef des Hauses Waldeck ist die Residenzpflicht in der Familiensatzung festgeschrieben. Fürst Waldeck hatte seinen Schreibtisch im rechten Schlossflügel. Die Fürstliche Hauptverwaltung und das Fürstliche Forstamt verwalten von hier aus den großen Waldbesitz. Über mehrere Jahrzehnte war Fürst Waldeck Präsident des hessischen Waldbesitzerverbands.
Hier engagierte er sich für Nachhaltigkeit im Waldbau und für die Rechte der privaten Waldbesitzer. Unter anderem auch für dieses Engagement wurde er 2001 vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Schon 2014 hatte er die Idee, mit den Einnahmen aus Windparks im Wald einen Beitrag zur Finanzierung des Waldbaus zu erwirtschaften. Es dauerte zehn Jahre, bis von den ursprünglich geplanten 16 Windkraftanlagen im Windpark Pessinghausen bei Helsen fünf Anlagen ans Netz gehen konnten.
Der neue Chef im Fürstlichen Forstamt, Prinz Carl Anton, ist seit einem Badeunfall im Main querschnittsgelähmt und hat hart für seine bestmögliche Genesung gekämpft. Die Familie war nach dem schweren Schicksalsschlag noch enger zusammengerückt. Gemeinsam haben sie es geschafft: Prinz Carl Anton hat seine Diplomarbeit im Fach Betriebswirtschaft zum Thema „Zustand und Zukunft der Forstwirtschaft in Deutschland“ an der Financial School of Finance Management in Frankfurt abgelegt. Seine jüngeren Zwillingsbrüder Johannes und Josias haben Architektur und Internationale Betriebswirtschaftslehre studiert.
ELMAR SCHULTEN

2024 WLZ 17. 12.