Freienhagener Kirchenorgel bis Weihnachten fertig saniert

Besonders die Bekämpfung des Holzwurms beschäftigte die Orgelbauer im Zuge der Arbeiten

Eine Geduldsfrage: Der Wiedereinbau der Pfeifen in der Freienhagener Kirchenorgel. © Fotos: Christiane Trierweiler

Freienhagen Die Sanierung der Friedrich-Martin-Orgel in der Stadtkirche Freienhagen soll rechtzeitig zu Weihnachten abgeschlossen sein. Die Orgelbauwerkstatt Simon aus Borgentreich hat sich des Instruments angenommen.
„Es geht um seine Erhaltung“, sagt Orgelbaumeister Bernd Simon. Sein Team bekämpft den Holzwurm, setzt die Mechanik und den Klang instand, um die Orgel wieder für viele Jahre einsatzbereit zu machen. Die Kirche bewahrt in Gestalt der Orgel, die geschätzt eine halbe Million Euro wert ist, das regional bedeutsame Werk eines Sohnes der früheren Stadt Freienhagen: Friedrich Martin.
Im Gegenzug schärft das aufgearbeitete Instrument das Profil des Gotteshauses als eines nicht nur geistlichen, sondern auch kulturellen Ortes, der Gemeinschaft stiftet.
Zuletzt war die Orgel 1978 überholt worden. Den Sanierungsstau noch länger auszusitzen, war keine Option. „Der Holzwurmbefall war stärker als gedacht“, erklärt Simon.
Entdeckt wurden die Wurmlöcher zufällig bei einer Reparatur Ende 2021. Damals wurde Alarm geschlagen und der Orgelsachverständige Erwin Althaus von der evangelischen Landeskirche hinzugezogen. Aufgrund seines Gutachtens von 2022 wurden Angebote mehrerer Orgelbauer eingeholt.
2023 sammelten die Aktiven der Kirche in Freienhagen Zuwendungen. Durch großzügige Spenden, Sponsoring und finanzielle Unterstützung wurde fünf Monate nach Beginn der Aktion die Hälfte der Angebotssumme aufgebracht, unter anderem durch Benefizkonzerte. Die evangelische Landeskirche stellte die andere Hälfte des benötigten Geldes bereit. 2024 wurde der mehr als 20 000 Euro umfassende Auftrag vergeben. Die Arbeit läuft seit Anfang November.

Pfeifenwerk komplett in die Werkstatt

Das gesamte Pfeifenwerk wurde ausgehoben und zur Aufarbeitung in die Werkstatt ins nordrhein-westfälische Borgentreich gebracht. Alle Holzpfeifen wurden thermisch gegen den Holzwurm behandelt. Das Orgelgehäuse vor Ort wurde chemisch vor weiterem Parasitenfraß geschützt.
Jede der um die tausend Pfeifen wurde in der Werkstatt aufgearbeitet und klanglich auf den bestmöglichen Stand gebracht. Einige Freienhagener haben ihren Pfeifen in Borgentreich einen Besuch abgestattet und selbst begutachtet, mit wie viel Sachkunde das wertvolle Material bearbeitet wurde. Aktuell kehren die Pfeifen nach Freienhagen zurück und werden dort weiter intoniert und gestimmt.
CHRISTIANE TRIERWEILER

Der Charakter der Orgel

Der Freienhagener Orgelbauer Friedrich Martin hat die romantische Orgel 1857 als sein Meisterstück fertiggestellt. Inzwischen wurden manche Klangfarben (Register) ergänzt, manche entnommen, wieder andere sind original. Vermutlich hat die Firma Euler 1955 das Instrument umgebaut. Sicher ist, dass sie Orgelbaumeister Lötzerich 1978 sanierte und zur Barockorgel umbaute. Aktuell versuchen die Spezialisten, den Klang der Pfeifen weniger barock, weniger spitz zu gestalten. Während der Glanz der Orgel erhalten bleiben soll, wird zugleich ihr romanischer Charakter gestärkt.
Ein selten eingesetztes, zu spitzes Register mit dem Namen „Scharff“ wurde entnommen und eingelagert. Die Klangkrone „Mixtur“ wurde in der Lautstärke durch Entnahme einiger Pfeifen etwas abgemildert. Die aus der Mixtur entnommenen Pfeifen bilden nun ein eigenes Register: eine „Terz“. So hat man der Orgel ohne nennenswerte Mehrkosten, quasi mit „Bonusmaterial“, eine neue Klangfarbe hinzugefügt, die, in Kombination mit den restlichen Pfeifen, zusätzlich die neuen Klangfarben „Sesquialter“ und „Cornet“ bilden kann. Künftig soll noch ein Streicher zurückkehren in die Orgel – da alle drei für romantische Orgeln typischen Streicher von Friedrich Martin in früheren Sanierungsmaßnahmen leider entnommen wurden. Der Einbau einer Winddrossel zu Gunsten zeitgenössischer Musik wird erwogen.

CT

2024 WLZ 18. 12.