Demokratieforum gegründet
Nach Auftaktveranstaltung soll im Kreis noch mehr passieren
Das Demokratieforum mit Markus Möller (links), Cornelia Gliem (Mitte), Matthias van der Minde (2. von rechts) und Claudia Engler (rechts) hat seine Arbeit aufgenommen. Auf dem Bild sind außerdem die Schülerinnen Laura Rupprath, Mia Hempeler und Esther Elom Lossah (von links) zu sehen, die bei der Auftaktveranstaltung an den Beruflichen Schulen in Korbach dabei waren. © Foto: Demokratieforum
Waldeck-Frankenberg – Mit einer Vision für den Landkreis hat das Demokratieforum Waldeck-Frankenberg in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen und kürzlich auch mit einer größeren Kick-Off-Veranstaltung an den Beruflichen Schulen Korbach und Bad Arolsen den ersten Aufschlag gemacht. „Unser Anspruch ist es, die Schlüsselprobleme unserer Zeit zu thematisieren und unterschiedliche Gruppen im Landkreis zu erreichen“, sagt Matthias van der Minde. Der Lehrer für Politik und Englisch an den Beruflichen Schulen ist neben Markus Möller, Cornelia Gliem und Pfarrerin Claudia Engler einer der vier Gründungsmitglieder des Demokratieforums.
„Wir wollen in Waldeck-Frankenberg eine Akademie für politische Bildung einrichten, in der generationsübergreifend diskutiert wird. Konkret bedeutet das, dass wir einmal im Jahr eine entsprechende Veranstaltung mit Workshops oder Ähnlichem durchführen“, sagt Claudia Engler. „Anschließend soll zu jeder dieser Tagungen auch ein Heft mit den Ergebnissen herausgebracht werden, das im Landkreis verteilt wird.“
Die Veranstaltungen des Demokratieforums sollen immer auf ein Leitthema ausgerichtet sein. Beim Auftakt an den Beruflichen Schulen in der Kreis- und Hansestadt Korbach Ende November lautete das Thema „Die Welt nach den Wahlen 2024: Fragen von Krieg und Frieden – an uns?“. Schülerinnen und Schüler des 13. Jahrgangs des Beruflichen Gymnasiums lauschten hierbei interessiert den Experten-Vorträgen, tauschten sich bei Diskussionen aus und debattierten über Politik und Demokratie. „Uns geht es ebenfalls darum, dass wir Wissen erarbeiten und dass über die Veranstaltungen hinaus die Werte der Demokratie weiter nach draußen in die Gesellschaft getragen werden“, sagt Cornelia Gliem. Angedacht sei, dass sich nach den jeweiligen Tagungen auch weiterhin Kleingruppen treffen, um die Themen zu vertiefen oder andere Aspekte dazu zu beleuchten.
„Unsere Hoffnung ist es, dass nach und nach immer mehr Menschen zu den einzelnen Foren und Treffen kommen. Wir haben zwar erst angefangen, aber trotzdem schon etliche Ideen“, fügt Cornelia Gliem hinzu. Ziel sei letztlich auch, dass das Demokratieforum ein eingetragener Verein werde.
Den vier Gründungsmitgliedern ist es außerdem ein wichtiges Anliegen, dass in den Dörfern und Städten des Landkreises wieder vermehrt über die Frage debattiert wird, warum bestimmte Entscheidungen in einer Demokratie getroffen werden. „Wir haben bei der Auftaktveranstaltung in Korbach aber auch gemerkt, dass wir alle für solche Diskussionen erst einmal eine entsprechende Wissensgrundlage benötigen“, sagt Cornelia Gliem.
Aus AG Region gegen Rassismus entstanden
Matthias van der Minde, Markus Möller, Cornelia Gliem und Claudia Engler sind allesamt auch Mitglieder der AG Region gegen Rassismus im Landkreis. Dort ist die Idee zur Gründung des Demokratieforums Waldeck-Frankenberg entstanden. „Der Skandal in Potsdam um die Remigrationspläne der AfD, der Ukraine-Krieg, der Terror in Gaza und Israel sowie der aggressive Lagerwahlkampf in den USA waren für uns die Initialzündung für unsere Akademie-Idee“, berichtet Claudia Engler.
Erfahrungen in Gesellschaft tragen
Demokratieforum in Waldeck-Frankenberg gegründet
Im Foyer der Schule kamen die Schülerinnen und Schüler zu den Workshops zusammen. Rund 30 Teilnehmer waren bei der Kick-Off-Veranstaltung des Demokratieforums Waldeck-Frankenberg dabei. © Fotos: Demokratieforum
Waldeck-Frankenberg – „Es gab zunächst eine Präsentation zur Nato und ihren Funktionen. Hierbei war interessant zu sehen, wofür die Gelder in den vergangenen Jahren verwendet wurden“, sagt Esther Elom Lossah. Die Schülerin des 13. Jahrgangs am Beruflichen Gymnasium blickt gerne auf die Kick-Off-Veranstaltung zur Gründung des Demokratieforums Waldeck-Frankenberg in Korbach zurück, die Ende November stattfand. Gemeinsam mit rund 30 anderen Schülerinnen und Schülern aus der Oberstufe sowie einigen Vertretern heimischer Vereine und Institutionen nahm sie an dem zweitägigen Treffen in der Berufsschule teil. Der Workshop „Außen- und Sicherheitspolitik“ war für sie besonders interessant. „Es wurde deutlich, dass auch in Deutschland in den zurückliegenden Jahrzehnten stark abgerüstet wurde. Aufgrund der neuen Bedrohungslage wird nun aber wieder viel Geld in die Bundeswehr gesteckt. Der Ukraine-Krieg und der damit verbundene Konflikt mit Russland zeigt, dass man einige Zeichen in den vergangenen 20 Jahren nicht gesehen hat“, so Esther Elom Lossah.
Um das weite Feld der Außen- und Sicherheitspolitik fassbar zu machen, hatten die Gründungsmitglieder des Demokratieforums unter anderem Martin Konertz eingeladen. Der Brigadegeneral a.D. ist ein außergewöhnlicher Kenner der Verteidigungspolitik. Er war nicht nur hochrangiges Mitglied der Bundeswehr, sondern auch Referatsleiter im Verteidigungsministerium. Außerdem war er in leitender Funktion für die EU und NATO tätig. „Der Austausch mit ihm war sehr wertvoll. Er hat uns auch immer wieder gefragt, ob wir bestimmte Themen haben, wie wir mit ihm besprechen wollen“, berichtet die Gymnasiastin. Konertz sprach unter anderem über Abschreckung in Abgrenzung zu Aggression und blickte auf die Geschichte der NATO .
Für Laura Rupprath hat vor allem die Videokonferenz mit dem US-Amerikaner Richard Gombert aus Ohio, einem Freund des Demokratieforums, bleibenden Eindruck hinterlassen. „Er hat über die Wahlen in den USA berichtet und dabei deutlich gemacht, dass viele Menschen in den Vereinigten Staaten in ihrer Blase leben und überhaupt nicht das Ganze betrachten“, sagt die Gymnasiastin. Auch zum Klimawandel und dem Umgang damit in den USA habe Richard Gombert seine Eindrücke geschildert.
Auf dem Programm der Kick-Off-Veranstaltung stand zudem ein Vortrag und eine anschließende Diskussion mit dem Lehramtsstudenten Luca Engel, der 2019 sein Abitur am Beruflichen Gymnasium absolviert hat. Der ehemalige Schüler hat inzwischen seine Staatsexamensarbeit über Friedensbildung aus historisch-kritischer Sicht geschrieben. „Luca hat uns den Unterschied zwischen positivem und negativem Frieden erklärt. Hierbei wurde deutlich, dass es positiven Frieden auf der Welt eigentlich nirgendwo gibt und dass dieser auch utopisch ist. Selbst in Ländern, in denen es per se friedlich ist, findet Unterdrückung statt – oder es gibt dort Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft“, sagt die Gymnasiastin Mia Hempeler, die ganz angetan von den Ausführungen des Studenten war.
Für Mia Hempeler steht fest, dass sie ihre Erfahrungen aus der zweitägigen Auftaktveranstaltung des Demokratieforums gerne mit anderen Menschen teilen will. „Wir haben bereits in der Schule über unsere Eindrücke gesprochen. Zum anderen haben wir auch in der Familie viel diskutiert“, berichtet die Schülerin. Eine weitere Diskussion habe sie direkt nach der Veranstaltung mit einem Freund gehabt, der bei der Tagung nicht dabei gewesen sei. „Wir hatten in einigen Punkten eine unterschiedliche Meinung. Es war gut und hilfreich, dass ich bei von dem Gelernten einiges in die Diskussion einbringen konnte“, sagt Mia Hempeler.
PHILIPP DAUM
Soziale Orte und Bürgerräte schaffen
Gesprächsforen und Begegnungsstätten ins Leben rufen – das ist ein weiteres Ziel, das sich die Mitglieder des Demokratieforums gesetzt haben. „Wir wollen ab Januar 2025 in einer Arbeitsgruppe gezielt darauf hinarbeiten, soziale Orte und Bürgerräte im Landkreis zu schaffen“, sagt Cornelia Gliem. Dies wolle man auch mit mehr Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum erreichen. „Wenn man sich permanent begegnet, werden die meisten Missverständnisse ausgeräumt und Vorurteile abgebaut. Und das betrifft nicht nur die Migration. Es gibt schließlich noch viele weitere Spaltungsthemen in unserer Gesellschaft“, so Cornelia Gliem.